In der Geschichte der SPD gab es immer wieder Absplitterungen, Abweichler und medienwirksame Ausschlüsse von Mitgliedern. Nur selten hat die Partei frühere Parteirebellen wieder aufgenommen. Klaus Uwe Benneter jedoch ist wohl das prominenteste Beispiel einer gelungenen "Resozialisierung". 1977 als Juso-Vorsitzender wegen seiner zu "kommunistenfreundlichen" Haltung ausgeschlossen und erst 1983 wieder aufgenommen, hat der Jurist seither eine zweite Partei- und Politikkarriere gemacht: Er war Vize-Vorsitzender und Schatzmeister der Berliner SPD, sogar eineinhalb Jahre Generalsekretär, und damit zweiter Mann in der Bundespartei.
Heute ist der 62-Jährige Justiziar der Bundestagsfraktion. Zuvor erzielte er 2002 einen Achtungserfolg: Ausgerechnet ihm, den man früher "Benni Bürgerschreck" nannte, gelang es, den Wahlbezirk Berlin-Zehlendorf, traditionell in der Hand der CDU, zu erobern. Seitdem ist Klaus Uwe Benneter Abgeordneter im Bundestag und dort für seine Fraktion Mitglied im Innen- und Rechtsausschuss. Aus dem früheren Parteirebellen ist längst einer geworden, der für Parteidisziplin steht. Einer, den Parteichef Franz Müntefering einmal "solide" nannte.
Die umstrittene Befugnis zur Online-Überwachung für das Bundeskriminalamt hat Benneter dementsprechend ebenso verteidigt, wie Ende März im Plenum die erweiterten Befugnisse für den Bundesnachrichtendienst. Was FDP, Linksfraktion und Grüne unisono als gravierende Grundrechtseinschränkung kritisierten, rechtfertigte der Sozialdemokrat als "notwendig". Die Novelle des "Artikel 10"-Gesetzes, die Eingriffe in das Post- und Fernmeldegeheimnis neu regeln soll, enthalte nur "wenige, wohlüberlegte Änderungen", so Benneter, wie etwa, dass der BND Auskünfte über Verdächtige bei Finanzämtern einholen dürfe. Weitere Forderungen habe die SPD gegenüber ihrem Koalitionspartner und dem "in diesen Fragen unersättlichen Innenminister" jedoch abwehren können, sagte Benneter. "Einen Zugriff für die Finanzämter auf gespeicherte Vorratsdaten gibt es mit uns nicht."
Für viele ist er heute auch deshalb eher ein Parteirechter. Benneter jedoch sieht sich weiterhin als einen Linken: Soziale Ungerechtigkeit mache ihn heute genauso ärgerlich wie damals, sagt er, als er als Gymnasiast in seiner Heimatstadt Karlsruhe erlebte, wie Arbeiter- gegenüber Bürgerkindern benachteiligt wurden. "Da wurden einfach die, die es nicht so ,dicke' hatten, mit einer Rigorosität ausgesiebt, die mich sehr empörte." Diese Beobachtung prägt ihn. Als 18-Jähriger tritt er in die SPD ein. Wie viele ist auch er begeistert von Willy Brandt: "Ich radelte damals mit meinem Fahrrad herum, an das ich irgendwie dieses Plakat befestigt hatte: ,Pack den Willy in den Tank' stand darauf", erinnert er sich amüsiert.
Politisch aktiv wird Benneter jedoch erst in Berlin. Dorthin ist er 1966, das Abitur gerade in der Tasche, zum Studium gewechselt: Es ist die Zeit der Stundentenbewegung - und bald ist auch der Jurastudent dabei: Sit-ins, Teachs-ins, Proteste gegen Schah-Besuch und Vietnamkrieg. 1969 ist Benneter stellvertretender Juso-Vorsitzender in Berlin, 1977 wird er zum Bundesvorsitzenden gewählt. "Das war wohl ein Schock für die Parteiführung", sagt Benneter. Er gehört damals dem extrem linken Stamokap-Flügel an. Als er öffentlich die These vertritt, die CDU sei für die SPD der "Klassenfeind", die Kommunisten dagegen seien nur politische Gegner, reicht es der Mutterpartei und sie schließt ihn aus. Benneter ist "fertig mit der Politik", wie er im Rückblick sagt, und konzentriert sich in den folgenden Jahren auf seinen Beruf: Seit 1975 hat er seine Zulassung als Rechtsanwalt. 1985 wird er auch Notar. Doch Sozialdemokrat ist er im Herzen geblieben: Als er 1983 auf Fürsprache seines alten Vertrauten aus Juso-Tagen, dem späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder, in die SPD zurückkehren kann, tut er es. Benneter wird Stadtrat in Zehlendorf, 1999 Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus, drei Jahre Mitglied des Bundestages. "Wer nur von alten Zeiten träumt, wird keine besseren erleben", schreibt er als Motto auf seiner Website. Daran hat er sich gehalten.