INITIATIVE MUSIK
Mit zwei Millionen Euro unterstützt die Bundesregierung junge Künstler im Jahr 2009
Janine Scholz hat Glück gehabt. Die Sängerin und Songschreiberin, 1978 in Wuppertal geboren, konnte unter ihrem Künstlernamen Kira schon zwei Alben veröffentlichen. Ihr drittes Werk soll bald erscheinen. Sie war oft auf Tournee, und Mitte Juni fliegt sie mit ihrer Band wieder nach China, um dort Konzerte zu geben. Doch für sie ist klar: Ohne Förderung, unter anderem von der 2007 ins Leben gerufenen Initiative Musik der Bundesregierung, wäre sie mit Sicherheit nicht so weit gekommen. 2009 unterstützt die Regierung Nachwuchskünstler mit zwei Millionen Euro.
Laut Künstlersozialkasse (KSK) sind die Musiker in Deutschland am ärmsten dran: Während ein bei der KSK versicherter Kreativer im Jahr 2007 im Durchschnitt 11.000 Euro verdiente, lagen die Musiker mit durchschnittlich 9.698 Euro am unteren Ende der Skala. Wer heutzutage als Musiker seine kreativen Talente professionell umsetzen will, der stößt auf viele Hürden. Es gibt Bands mit Plattenvertrag, deren Mitglieder nebenbei im Callcenter arbeiten müssen. Andere Musiker leben von der finanziellen Unterstützung anderer. Und so ist jede Förderung willkommen. Kira gehörte zusammen mit elf anderen Künstlern und vier Musikunternehmen im Juli 2008 zur ersten Förderrunde der Initiative. Jedes Projekt erhielt zwischen 10.000 und 30.000 Euro. Das Geld nutzte sie zur Produktion ihrer dritten CD, zusätzlich konnte sie eine Tour mit zehn Konzerten planen. "Das wäre normalerweise nicht machbar gewesen", sagt Kira.
Was tun, wenn man mit 19 Jahren beschließt, von Beruf Musiker zu werden? Kira nahm an einem Nachwuchswettbewerb teil. Solche Veranstaltungen gibt es viele. So organisiert der Deutsche Rock & Pop Musikerverband jedes Jahr den Rock + Pop Preis; auch große Unternehmen sind aktiv, zum Beispiel der Likörhersteller Jägermeister als Sponsor der "Bandliga" und Volkswagen mit der "Sound Foundation".
Wofür soll man sich bei der Auswahl entscheiden? "Wenn ich eins gelernt habe, dann: Immer das Erstbeste nehmen, was man kriegen kann", empfahl der Popliedermacher Bernd Begemann beim diesjährigen Branchenkongress Pop Up in Leipzig. In Kiras Fall war das 1997 ein Nachwuchswettbewerb der Fachzeitschrift "Gitarre & Bass". "Wenn man anfängt Musik zu machen, denkt man über Geld lange nicht nach", sagt Kira. "Es hat mehrere Jahre gedauert, bis mir klar wurde, dass ich als Künstlerin auch eine selbstständige Unternehmerin bin. Für die meisten Musiker liegen die Prioritäten woanders." Schmerzhaft werde es immer dann, "wenn die Musik ins Stocken gerät, weil das Geld für bestimmte Aktionen fehlt. Meist passiert dann aber etwas Unvermutetes, und man sitzt wieder im Boot."
Für Kira geschah das Unerwartete im Herbst 2002, als Herbert Grönemeyer einige ihrer Aufnahmen hörte und sie für sein Plattenlabel Grönland unter Vertrag nahm. So konnte im Herbst 2004 ihr erstes Album, "Inauswendig", erscheinen und die Medien wurden auf sie aufmerksam.
"Es gibt viele Wege der Nachwuchsförderung", sagt Peter Weihe, Mitbegründer des "Popkurses" an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Der Popkurs wird von einer Stiftung finanziert, an der auch die Stadt Hamburg beteiligt ist. Zur Nachwuchsförderung gehören ebenfalls Privatinitiativen: Weihe betreut zusammen mit einem Popkurs-Kollegen und mit dem Verband der deutschen Musikproduzenten nebenbei das Projekt "Gewächshaus", das von der luxemburgischen Bertram Pohl Foundation (BPF) finanziert wird. Deren Stifter ist der Erbe eines großen Shampoo-Herstellers. "Als Musiker ist man es gewöhnt, dass die Luft finanziell immer etwas dünn ist, und man schafft viel mit wenig Geld", sagt Kira, "aber so eine Finanzspritze wie die der Initiative Musik nimmt viel Druck von allen Beteiligten. Plötzlich kann man für einen gewissen Zeitraum vorausplanen und sich ganz auf die Musik konzentrieren." Mit Konzerten könne man zwar gut Geld verdienen, sagt Kira, "allerdings auch erst, wenn die recht groß werden. Kleine Clubtouren können finanziell heftig ins Kontor schlagen: Gagen, Unterkunft, Benzin, Busmiete, Verpflegung. Da muss man schon einige Tickets verkaufen." Wer aber nicht rumkommt und vor möglichst vielen Menschen spielt, der wird in der Regel kaum Platten oder digitale Dateien mit seiner Musik verkaufen.
Dazu kommt der kreative Aspekt. "Wenn man einen neuen Song ein paar Mal live gespielt hat, dann verändert er sich oft. Es ist ein Luxus, das mitten in der Produktion live ausprobieren und mit einfließen lassen zu können", sagt Kira. Ohne Förderung sei das nicht machbar. Die Musikerin kommt dank der Initiative Musik sogar bis nach China: Nach einigen Konzerten im November 2008 in Kooperation mit dem Goethe-Institut stehen im Juni 2009 weitere Auftritte im Reich der Mitte an. Für die junge Musikerin ist aber klar, dass "man den Hauptteil des Weges allein gehen muss. Aber durch diese Unterstützung kann ein Projekt an Fahrt und Energie gewinnen. Und es ist natürlich auch eine schöne Anerkennung, als Künstler gefördert zu werden".
Und die Förderung bringt weitere Anerkennung: So war Kira immerhin nominiert in der Nachwuchskategorie des ersten Musikautorenpreises der Gema, der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, der am 28. Mai in Berlin verliehen wurde.