BUNDESRAT
Bestimmungen gegen Steuerhinterziehung und im Waffenrecht verschärft
Vier Monate nach dem Amoklauf von Winnenden hat die Verschärfung des deutschen Waffenrechts die letzte parlamentarische Hürde genommen. Der Bundesrat billigte am 10. Juli die vom Bundestag beschlossene Gesetzesnovelle, mit der die Altersgrenze für Schießen mit großkalibrigen Waffen von 14 auf 18 Jahre angehoben wird. Behörden können zudem künftig verdachtsunabhängig die Einhaltung der Aufbewahrungsvorschriften in den Räumlichkeiten von Schusswaffenbesitzern überprüfen. Vorsätzliche Verstöße gegen diese Vorschriften, durch die etwa Kinder an die Waffe gelangen können, werden zu einem Straftatbestand aufgewertet.
Gegen den Willen des Inhabers dürfen Wohnräume "nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit" betreten werden. Wird der Zutritt zum Aufbewahrungsort indes aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigert, kann die Erlaubnis zum Waffenbesitz widerrufen werden. Eine befristete Amnestieregelung soll Besitzer illegaler Waffen animieren, diese abzugeben.
In der letzten Sitzung vor der Sommerpause verabschiedete die Länderkammer zugleich zahlreiche weitere wichtige Gesetze:
STEUERHINTERZIEHUNG: Mit dem "Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz" werden Steuerpflichtigen, die Geschäftsbeziehungen zu sogenannten Steueroasen unterhalten, erhöhte Mitwirkungspflichten auferlegt, falls diese Staaten die Herausgabe von Informationen an die Finanzbehörden verweigern. So müssen sie den Steuerbehörden die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides statt versichern. Verweigern Steuerpflichtige die geforderten Angaben, können die Finanzbehörden den Betriebsausgabenabzug, eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer oder eine Steuerbefreiung für Dividenden verweigern. Bei Steuerpflichtigen, deren Überschusseinkünfte mehr als 500.000 Euro im Jahr betragen, sollen die Finanzbehörden auch Außenprüfungen vornehmen dürfen. Die Maßnahmen werden erst durch eine Verordnung der Regierung wirksam.
KINDERPORNOGRAFIE: Ziel der Neuregelung ist es, dass Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten gesperrt werden können. Die Aufnahme in die vom Bundeskriminalamt geführte Sperrliste darf nur erfolgen, wenn Maßnahmen zur Löschung der Inhalte nicht möglich oder nicht erfolgversprechend sind. Internetnutzer, die zu den gesperrten Seiten wollen, werden auf eine Seite mit einem "Stopp"-Schild umgeleitet. Ihre Daten dürfen nicht zur Strafverfolgung genutzt werden.
TERRORCAMPS: Die Ausbildung in einem sogenannten Terrorcamp steht künftig unter Strafe.
DATENAUSTAUSCH: Die Vertreter der Bundesländer billigten auch das Ratifizierungsgesetz zum Abkommen mit den USA über die vertiefte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität. Das Abkommen enthält Regelungen über den automatisierten Abruf von DNA- und Fingerabdruckdaten sowie über den Austausch von Daten über Personen, die im Verdacht stehen, künftig terroristische Straftaten zu begehen. Personenbezogene Daten, aus denen etwa politische oder religiöse Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft hervorgehen oder die das Sexualleben betreffen, dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Zwecke des Abkommens "besonders relevant sind". Die Länderkammer fordert allerdings Nachverhandlungen mit den USA.
GEHEIMDIENSTE: Erstmals wird das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages und damit die Aufsicht über die Geheimdienste durch das Parlament im Grundgesetz verankert. Zugleich werden die Befugnisse des PKGr erweitert. Geheimdienste und Regierung unterliegen einer strikteren Auskunftspflicht.
DATENSCHUTZ: Die Bußgelder für Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen werden angehoben und die Sicherheit von Daten durch Vorschriften zur Verschlüsselung erhöht. Personenbezogene Daten wie Adressen dürfen grundsätzlich weitergegeben werden, wenn der Kunde darin einwilligt. Die entsprechende Textpassage etwa in einem Vertragstext muss dabei optisch deutlich hervorgehoben werden. Listenmäßig erfasste Daten dürfen ohne Einwilligung weitergegeben werden, sofern die Betroffenen über die Herkunft der Angaben informiert werden.
RENTE: Per Gesetz wird eine "Rentengarantie" festgeschrieben. Danach sollen die Renten auch bei sinkenden Löhnen stabil bleiben.
MANAGERVERGÜTUNG: Prämien und Boni für Manager von Aktiengesellschaften sollen eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben. Schließt eine Aktiengesellschaft zur Absicherung von Vorstandsmitgliedern gegen Haftungsansprüche eine Versicherung ab, muss für Manager ein Selbstbehalt in Höhe von mindestens zehn Prozent des verursachten Schadens vereinbart werden. Wird ein Manager in Aktien seines Unternehmens entlohnt, darf er sie erst nach vier statt wie bisher nach zwei Jahren verkaufen.
ANLEGERSCHUTZ: Falsch beratene Anleger sollen ihre Ansprüche besser vor Gericht durchsetzen können. Dazu müssen Banken ab 2010 Privatkunden nach einem Beratungsgespräch ein Protokoll aushändigen, in dem vermerkt sein muss, ob der Anleger beispielsweise eher eine riskante oder eine vorsichtige Anlagestrategie bevorzugt.
STRAFRECHT: Hilft ein Täter bei der Aufklärung einer Straftat schwerer und mittlerer Kriminalität, kann es für diesen Kronzeugen eine stärkere Strafmilderung als bisher geben und in bestimmten Fällen von einer Strafe abgesehen werden. Gesetzlich geregelt wird zudem die "Verständigung im Strafverfahren" (Deal), bei der das Gericht in Absprache mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung dem Angeklagten eine mildere Strafe verspricht, wenn er seine Tat gesteht und so den Prozess verkürzt.
HEROIN: Künstliches Heroin - sogenanntes Diamorphin - kann kontrolliert auf Kassenkosten an Schwerstabhängige abgegeben werden, die mit herkömmlichen Methoden wie einer Methadon-Substitution nicht erfolgreich therapierbar sind. Auch müssen sie seit mindestens fünf Jahren abhängig sein und bereits zwei erfolglose Therapien hinter sich haben.
FLUGVERKEHR: Mit den Gesetzesbeschlüssen zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften und zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung sowie einer dazu gehörenden Grundgesetzänderung werden die Voraussetzungen für die Etablierung eines einheitlichen europäischen Luftraums geschaffen. Zugleich wird damit die Luftverkehrsverwaltung für Private geöffnet.
HAUSHALT: Nach dem zweiten Nachtragsetat 2009 soll die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr auf 49,08 Milliarden Euro steigen. Insgesamt erhöhen sich damit die vorgesehenen Ausgaben auf 303,31 Milliarden Euro.