Vor vier Jahren musste Julijana Lazic noch als Touristin Schlange stehen, um das Reichstagsgebäude besuchen zu können. Heute läuft sie ganz selbstverständlich durch die Korridore des Deutschen Bundestages. Die 23-jährige Serbin ist eine von 115 Teilnehmern des Internationalen Parlamentsstipendiums IPS. Mit ihrem Foto (großes Bild) gewann sie, gemeinsam mit drei anderen, den IPS-Fotowettbewerb.
Julijana Lazic hat in der serbischen Hauptstadt Belgrad Germanistik studiert. Während des Studiums hat sie viel über die Gesellschaft, die Demokratie und das politische System in Deutschland gelernt. "Jetzt kann ich hier meine eigenen Erfahrungen sammeln", sagt Lazic. "Das ist besonders spannend im Superwahljahr, im Jubiläumsjahr, dem Jahr der Bundesversammlung, dem Jahr, in dem sich alles auf die Bundestagswahl fokussiert."
In den letzten Wochen ihres fünfmonatigen Aufenthalts sammelt sie auch ganz andere Eindrücke. Denn sie ist viel auf Reisen: Mit den IPS-Stipendiaten ging es nach Brüssel und Düsseldorf, mit dem IPS-Beauftragten im Bundestag, Wolfgang Börnsen (CDU), in dessen Wahlkreis nach Flensburg. Als besonders bemerkenswert an ihrer Reise in den äußersten Norden Deutschlands empfand Lazic die Begegnung zwischen Bürgern und Politikern. "Die Politiker stellen sich den Menschen, zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen wollen. Grillabende mit Abgeordneten gäbe es in Serbien nicht. Darauf bin ich schon ein wenig neidisch", erzählt Lazic.
Bei solchen Gelegenheiten kommt Julijana Lazic mit Menschen zusammen, die sie im multikulturellen Schmelztiegel Berlin sonst nicht trifft. Und die haben natürlich ihr Bild von Serbien, dominiert vom Bürgerkrieg der 1990er-Jahre. "Doch die Leute erkennen auch die demokratischen Fortschritte in meinem Land an, und dann drehen sich die Fragen schnell um das Verhältnis Serbiens zu Europa. Das ist doch ein Fortschritt", meint Julijana Lazic. Sie nutzt solche Begegnungen, um über ihre Heimat, Deutschland und Europa zu sprechen.
Alle Erfahrungen, die sie im Bundestag und auf den Reisen quer durchs Land sammelt, will sie in Serbien und Deutschland dazu nutzen, um für den interkulturellen Austausch und für das Reisen in andere Länder zu werben. Da trifft es sich gut, dass Julijana Lazic im Bundestag im Büro von Anita Schäfer (CDU) mitarbeitet. Die bietet ihr Einblicke in die Ausschüsse für Verteidigung und für Tourismus. Zuhause in Serbien hat Lazic auch schon für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Fachbereich Touristik gearbeitet und sich in einer Nichtregierungsorganisation auf lokaler Ebene für Umweltfragen eingesetzt. Später in der Politik zu arbeiten kann sich die junge Serbin gut vorstellen, Mitglied einer Partei zu werden, dagegen weniger. "Ich will mich da nicht festlegen. Wo immer ich auch arbeite, will ich mich für Kulturaustausch, Bildung und die Wahrung der Bürgerrechte einsetzen", sagt Lazic.
Die Wahrung der Bürgerrechte ist auch in dem Motiv allgegenwärtig, mit dem Julijana Lazic - gemeinsam mit drei anderen - den Fotowettbewerb der IPS-Stipendiaten gewonnen hat. Fotografiert hat sie es in der Dauerausstellung des Bundestages im Deutschen Dom am Gendarmenmarkt in Berlin. "Einerseits soll es bedeuten: Die Würde des Menschen ist unantastbar, und zwar auf der ganzen Welt", erklärt Lazic. "Andererseits soll es das Streben nach der Einhaltung der Menschenrechte symbolisieren. Und zugleich an die liberale Tradition des deutschen demokratischen Systems erinnern."