Nun ist also der Deckel zu. Der BND-Untersuchungsausschuss, der die Rolle der seinerzeitigen Regierung und deutscher Geheimdienste im Anti-Terror-Kampf nach dem 11. September 2001 durchleuchten sollte, ist Geschichte. Seine Anfang Juli beendete Tätigkeit wird gegen den Protest der Opposition nicht wieder aufgenommen.
Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht Ende Juli geurteilt, dass das Zurückhalten oder Unkenntlichmachen von Akten und die Beschränkung von Aussagegenehmigungen für Zeugen durch die Regierung grundgesetzwidrig gewesen sei. Keine Mehrheit fand jedoch am 26. August im Bundestag ein Antrag der Liberalen, der die Regierung aufforderte, den Obleuten im Ausschuss "sofort vollständig" die dem Gremium vorenthaltenen Informationen auszuhändigen. Ohne Konsequenz dürfte auch der Appell Max Stadlers (FDP) bleiben, die Regierung solle trotz dieses ablehnenden Votums die Unterlagen übergeben. Linke und Grüne brachten ihren auf die Einsetzung eines neuen Ausschusses zielenden Antrag gar nicht mehr ein: Neben Union und SPD waren auch die Liberalen dagegen. Angesichts der verbleibenden knappen Zeit könne die Koalition die Arbeit eines solchen Gremiums verzögern, argumentierte Stadler.
Die Karlsruher Richter hatten aufgrund einer Klage der Opposition erklärt, dass es nicht ausreiche, wenn die Regierung die Beschränkung der Informationsweitergabe pauschal mit dem Hinweis auf den "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" oder das "Staatswohl" rechtfertige. Vielmehr müsse dies im Einzelfall präzise begründet werden. Die Regierung habe "über viele Jahre die Verfassung gebrochen", kommentierte Hans-Christian Ströbele (Grüne) das Urteil. Norman Paech (Die Linke) sprach von einer "schallenden Ohrfeige" für die Regierung.
Der Streit über die Konsequenzen dieses Spruchs prägte weithin die teilweise hitzige Plenardebatte. Paech nannte es einen "beschämenden Abschied" von der Legislaturperiode, dass sich der Bundestag trotz des Urteils einer Fortsetzung der Recherchen verweigere. Der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDU) betonte hingegen, das Gremium habe seine Arbeit beendet. Das Gericht habe keinen Auftrag an die Regierung formuliert, nun sämtliche Akten auszuhändigen. Das Urteil sei vielmehr eine "Handlungsanleitung" für den künftigen Umgang mit Beweisanträgen.
Kristina Köhler (CDU) sagte, die Union hätte nichts dagegen, wenn zum BND-Einsatz während des Irak-Kriegs und zur Rolle des damaligen Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier (SPD) neue Fakten auf den Tisch kämen. Vor der Wahl könne ein neuer Ausschuss aber nicht mehr ernsthaft arbeiten. Für Michael Hartmann (SPD) macht eine Neuauflage dieses Gremiums angesichts der begrenzten Zeit und des komplizierten Procedere keinen Sinn. "Das wäre Klamauk", sagte er und betonte, auch nach der Karlsruher Entscheidung dürfe die Arbeit von Untersuchungsausschüssen nicht dazu führen, dass Deutschland von Informationen befreundeter Geheimdienste abgeschnitten werde.
FDP, Linke und Grüne hielten der Koalition vor, die Aufklärung im Ausschuss behindert und den Oppositionskampf um eine Stärkung der Kontrollrechte des gesamten Parlaments nicht unterstützt zu haben. "Immer wieder sind wir an der Geheimniskrämerei der Regierung aufgelaufen", kritisierte Paech. Stadler beklagte, dass die Opposition das Karlsruher Urteil allein habe "erstreiten" müssen. Kauder und Stephan Mayer (CSU) verwahrten sich indes energisch gegen den Vorwurf, die Arbeit im Ausschuss behindert und als "Hilfsbeamte" (Ströbele) agiert zu haben.
Allem Unmut zum Trotz wurde die von Karlsruhe verfügte Stärkung der parlamentarischen Kontrollrechte nicht nur von der Opposition, sondern auch von Köhler und Hartmann begrüßt. Stadler sprach gar von einer "epochalen Entscheidung".