FAMILIENPOLITIK
Änderungen des Grundgesetzes und Schaffung einer Wohlfühlatmosphäre statt Armut
Der frühere Kanzler Gerhard Schröder nannte seine Familienministerin einst abwertend "Ministerin für Frauen und anderes Gedöns". Doch seit einigen Jahren hat die Familienpolitik einen anderen, viel höheren Stellenwert bekommen. Die Kinder, die heute nicht geboren werden, können morgen keine Steuern und Sozialabgaben zahlen - so simpel ist die Rechnung. Diese Erkenntnis führte dazu, dass die Familienpolitik zu einem beliebten Wahlkampfthema wurde. Die Frage lautet, wie Familie und Beruf verbunden werden können. Eine Gemeinsamkeit haben die Wahlprogramme der Parteien: Es könnte teuer werden.
Für die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf spricht sich die CDU/CSU aus. "Wir wollen nicht, dass Eltern zu einem Lebensmodell gedrängt werden, das sie nicht wollen", wird betont. Versprochen werden mehr und bessere Betreuungsangebote, ein Betreuungsgeld für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen, höheres Kindergeld und steuerliche Vergünstigungen für Eltern. Die Union setzt dabei weiter auf die traditionelle Familie und will deshalb das Ehegattensplitting voll erhalten.
Die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz verlangt die SPD. Die Sozialdemokraten setzen auf "mehr Zeit, finanzielle Unterstützung und eine bessere Infrastruktur" für Familien. Im Wahlprogramm verspricht die SPD "die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Weiterentwicklung von Kinderzuschlag und Wohngeld". Dadurch sollen Familien möglichst vor Armut geschützt werden. Außerdem könnte nach SPD-Plänen der Rechtsanspruch auf Betreuung zu einem Anspruch auf Ganztagsbetreuung ausgeweitet werden.
Einen Grundfreibetrag von 8.004 Euro für Erwachsene und Kinder möchte die FDP einführen. Das Kindergeld soll auf 200 Euro pro Kind und Monat für die Familien angehoben werden, die den Kinderfreibetrag wegen ihres geringen Einkommens nicht nutzen können. Die Liberalen fordern einen bedarfsgerechten Ausbau "qualitativ hochwertiger Betreuungsangebote" für Kinder ab dem ersten Lebensjahr, die Schaffung von flexiblen Arbeitszeitmodellen sowie ein Umdenken in Unternehmen, wenn Väter ihre Elternzeit antreten wollen. Im FDP-Programm wird konstatiert: "Kinder brauchen beide Elternteile gleichermaßen."
Kinderarmut soll nach Vorstellung der Linken dauerhaft verhindert werden. So soll das Kindergeld sofort auf je 200 Euro erhöht werden. Sie plant einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Ganztagsbetreuungsplatz für jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr. Zudem soll nach Auffassung der Partei das Ehegattensplitting abgeschafft und dafür eine Individualbesteuerung eingeführt werden.
Ihr neuer Gesellschaftsvertrag steht für eine "Gesellschaft, in der Kinder sich willkommen und Jugendliche sich akzeptiert fühlen, in der Familien gut leben können, und in der ältere Menschen aktiv mitgestalten können, aber auch im Pflegefall gut versorgt sind" - eine echte Wohlfühlatmosphäre. Bündnis 90/Die Grünen schlagen "eine eigenständige und bedingungslose Kindergrundsicherung für alle Kinder" vor und wollen Gleichbehandlung aller Lebensformen mit Kindern. Ebenso wie bei den anderen Parteien soll die Außer-Haus-Betreuung von Kindern ausgebaut werden.