Am Kindertag gibt es Antworten auf die Fragen der Sechs- bis 14-Jährigen
Auf den Fliesen im Reichstagsgebäude lässt sich gut von Wand zu Wand rutschen. Das haben die 29 Schüler der Grundschule Basdorf als erstes am diesjährigen Kindertag im Bundestag gelernt. Als Volker Wagner vom Besucherdienst am Montag mit seiner Führung beginnt und der Klasse 5a den Hammelsprung erklärt, stehen alle wieder ganz still. Müssen sie auch, denn der Besucherführer macht aus den Fünftklässlern für kurze Zeit Politikerinnen und Politiker, die sich für mehr Kindergeld oder gegen eine Verringerung der Pendlerpauschale entscheiden sollen. Genau wie die Abgeordneten nehmen sie vor den drei Türen des Plenums Aufstellung. Damit geben sie zu erkennen, dass sie dafür, dagegen oder unentschieden sind.
Mit einfachen Beispielen aus der Welt der Kinder gelingt es Wagner die Haushaltsdebatten darzustellen. "Wenn du dir einen Hamburger und Schminke kaufen willst, aber nur Geld hast für eins von beidem, was machst du dann?“, fragt er die Kinder. Die Schüler debattieren, ob es sinnvoller wäre zu sparen, sich Geld zu leihen oder sich mit einer Sache zu begnügen. Vom Hammelsprung vor den Glastüren des Plenums geht es weiter zu einem großformatigen Fotogemälde. Von der Tagespolitik führt der Weg schließlich zur nationalsozialistischen Vergangenheit der deutschen Politik.
Ein Fotogemälde der Künstlerin Katharina Sieverding, zentraler Bestandteil der Gedenkstätte für die verfolgten Reichstagsabgeordneten in der Weimarer Republik im Bundestag, dient als Anschauungsobjekt. Die Schüler kommen schnell selbst auf die Bedeutung des Bildes und können ihr bisheriges Wissen anbringen. Nicht ganz so einfach fällt die Interpretation der russischen Graffitis an den Wänden des Gebäudes. Der Besucherführer erzählt von der Eroberung des Reichstages im Zweiten Weltkrieg durch russische Soldaten, die ihren Namen und politische Parolen an die Wände schrieben, um ihren Sieg zu feiern.
Während der einstündigen Führung durch das Gebäude wird es den Kindern nie langweilig. Immer wieder tauchen Beispiele aus der Lebenswelt der Kinder auf, um Zusammenhänge zu erklären. Schließlich sei eine Bundeskanzlerin einer Klassensprecherin nicht unähnlich, so Wagner. "Es ist wichtig die Kinder zu achten und verständlich zu erklären, damit sie ein Interesse an der Politik behalten."
Auf der Besuchertribüne mit Blick auf das Plenum wollen die Schüler noch mal alles ganz genau wissen. Wieso sind hier überall Telefone? Was bedeutet die Anzeigetafel? Wofür sind die roten Knöpfe an den Tischen da? Geduldig werden alle Fragen geklärt und die Schüler sind so zufrieden, dass sie den Besucherführer schließlich mit einer La-Ola-Welle verabschieden. Seine erste, in fast zwanzig Jahren Besucherdienst.
Viermal im Jahr finden an den Kindertagen Führungen für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren statt. Der nächste Termin ist am 6. Oktober 2008.