Wie der Bundestag ein Gesetz schnell auf den Weg bringen kann
Ist ein schnelles Handeln des Bundestages gefragt, wie in der derzeitigen Finanzmarktkrise, kann der Gesetzgeber ein eilbedürftiges Gesetz auch in kürzester Zeit auf den Weg bringen. Das gehört zur parlamentarischen Praxis und ist von der Verfassung so gewollt. So hat der Bundestag am Mittwoch, dem 15. Oktober 2008, erstmals das zwei Tage zuvor von der Bundesregierung angekündigte Maßnahmenpaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes beraten. Bereits am Freitag, dem 10. Oktober ist das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) ( 16/10600) in namentlicher Abstimmung verabschiedet worden und konnte - nach Zustimmung des Bundesrates - sofort in Kraft treten.
Der Gesetzentwurf hat dabei von der ersten bis zur dritten
Lesung die in der Geschäftsordnung des Bundestages
vorgeschriebenen Stationen der Gesetzgebung eingehalten.
Anders als im Grundgesetz sind in der Geschäftsordnung des
Bundestages Fristen für die Beratung von Gesetzentwürfen
vorgesehen. Wenn es die Lage erfordert - wie im aktuellen Fall -
können Gesetzentwürfe schneller beraten werden, sofern
mindestens zwei Drittel der Abgeordneten einem Fristverzicht
zustimmen. In der Praxis werden Absprachen über Fristen fast
immer einvernehmlich zwischen allen Fraktionen beschlossen. Dabei
gehört dann auch der Verzicht auf Fristen zur
parlamentarischen Praxis.
Selbstverständlich muss der Bundestag auch bei schnellen Gesetzgebungsverfahren die Mitwirkungsrechte aller Beteiligten beachten. Die Abgeordneten haben dabei nicht nur im Plenum und den Fachausschüssen, sondern auch durch ihre Arbeit in den Fraktionen Gelegenheit, auf Gesetze einzuwirken. Die Oppositionsfraktionen werden an allen Verfahrensentscheidungen beteiligt. Die Geschäftsordnung des Bundestages sieht zum Schutz der Opposition Minderheitenrechte vor, mit denen diese auf ein Verfahren einwirken kann. So kann bei Ausschussberatungen ein Viertel der Ausschussmitglieder verlangen, dass eine öffentliche Anhörung angesetzt wird.
Im Bundestag darf auch jeder Abgeordnete in der zweiten Lesung
eigene Änderungsanträge stellen. Im Hinblick auf die
Eilbedürftigkeit in der jetzigen Situation waren sich alle
Fraktionen darüber einig, auch nach Annahme von
Änderungsanträgen, wie hier von Bündnis 90/Die
Grünen, in der zweiten Lesung noch am Freitag in die dritte
und abschließende Beratung des
Finanzmarktstabilisierungsgesetzes einzutreten.
Der aktuelle Gesetzentwurf (
16/10600) wurde am Mittwoch in erster Lesung
beraten und in den federführenden Haushaltsausschuss
überwiesen, der ihn zusammen mit dem Rechts-, Finanz- und
Wirtschaftsausschuss im Anschluss an die Plenarsitzung beriet. Der
Haushaltsausschuss formulierte am selben Tag eine
Beschlussempfehlung (
16/10651). Nach intensiven Gesprächen und
bei einvernehmlichem Wunsch aller Fraktionen nach einem
zügigen Gesetzesbeschluss wurde auf eine Anhörung
verzichtet. Am Freitag erfolgte die abschließende Beratung
des Gesetzes im Plenum des Bundestages und die
Verabschiedung.
Dem Bundesrat wurde das Gesetz unverzüglich zugestellt,
denn auch er musste dem Gesetz zustimmen. Der Bundesrat kam am
Freitag zu einer Sondersitzung zusammen, um über das vom
Bundestag angenommene Gesetz zu beraten, allerdings nur deshalb,
weil kein Bundesland dem eilbedürftigen Verfahren
widersprochen hatte. In die aktuellen Beratungen war der Bundesrat
eingebunden, die Verhandlungen mit den Ländern liefen
parallel.
Nach der Gegenzeichnung wurde am Freitagnachmittag das Gesetz von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet. Am Samstag konnte so das Finanzmarktstabilisierungsgesetz in Kraft treten.