Anhörung des Wirtschaftsausschusses zu Initiativen der FDP
Die FDP-Fraktion hatte die Aufhebung des Umsatzsteuerprivilegs in
ihrem Gesetzentwurf (
16/8906) damit begründet, dass die Post
durch die Privatisierung kein öffentliches Unternehmen mehr
sei und die Befreiung von der Steuer nur für öffentliche
Unternehmen gelte. Außerdem verlangt die FDP-Fraktion in
einem Antrag (
16/8773) mehr Wettbewerb bei
Postdienstleistungen.
Dagegen erklärte Schaumburg, der Deutschen Post sei die Qualifikation als öffentliche Posteinrichtung nicht deshalb zu versagen, weil der Bund nur noch eine Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen halte. Dafür würden sich in der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie keine Anhaltspunkte finden.
Auch die Deutsche Post AG verwies in ihrer Stellungnahme auf die
nach Europarecht zwingend erforderliche Befreiung von der
Umsatzsteuerpflicht. Die Privatisierung des Unternehmens sei
„insoweit irrelevant“. Die Post wies außerdem
darauf hin, dass ihre Mitwerber einen Marktanteil von 13 Prozent
erreicht hätten. Das sei im europäischen Vergleich ein
Spitzenwert.
Dagegen sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Professor Justus Haucap, ebenfalls unter Berufung auf europäisches Recht, die Befreiung von der Umsatzsteuer müsse aufgehoben werden. Sie beschere der Deutschen Post AG einen Kostenvorteil von 19 Prozent gegenüber den Wettbewerbern. „Für diese steuerliche Ungleichbehandlung gibt es aus Sicht der Monopolkommission keine Rechtfertigung“, erklärte Haucap.
Auch Frank Iden, Geschäftsführer des Post-Konkurrenten
Hermes, beklagte eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung
durch die Umsatzsteuer. Es sei auch aus Sicht des Verbrauchers
unverständlich, wenn der Kunde im DHL-Paketshop keine
Mehrwertsteuer zahle, während er im unmittelbar nebenan
liegenden Hermes-Paketshop zusätzlich 19 Prozent Steuer zahlen
müsse.
Haucap begrüßte es, dass sich die FDP-Fraktion gegen Mindestlöhne im Postsektor ausspricht. Der von dem von der Deutschen Post AG dominierten Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der Gewerkschaft Verdi ausgehandelte und vom Gesetzgeber für allgemeinverbindlich erklärte Mindestlohn sei nicht zum Schutz von Arbeitnehmerinteressen eingeführt worden, sondern um den Wettbewerb im Postmarkt massiv zu behindern.
Prof. Dr. Werner Möschel (Universität Tübingen)
erklärte, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des
Tarifvertrages von Post und Verdi durch die Bundesregierung sei
verfassungswidrig. „Eine
Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines verbotenen und
nichtigen Kartellvertrages ist immer
unverhältnismäßig im Sinne des
Grundgesetzes“, so Möschel.
Die Gewerkschaft Verdi forderte eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und bezahlbare Postversorgung. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände verlangte die Sicherstellung einer angemessenen flächendeckenden Grundversorgung, „solange diese nicht nachweislich über das freie Spiel der Marktkräfte zustandekommt“.