Anträge zu Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid abgelehnt
Das Thema der direkten Demokratie, der unmittelbaren Beteiligung des Wahlvolkes an politischen Entscheidungen, war am Donnerstag, dem 23. April 2009, Gegenstand einer 45-minütigen Debatte im Deutschen Bundestag. Gesetzentwürfe der drei Oppositionsfraktionen, in denen gefordert wird, die Volksinitiative, das Volksbegehren und den Volksentscheid in das Grundgesetz aufzunehmen, lehnte die Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und SPD ab.
In den Gesetzentwürfen der FDP (
16/474), von Bündnis 90/Die Grünen (
16/680) und der Linken (
16/1411) hieß es, den Bürgern werde
mit diesen Elementen der direkten Demokratie die Möglichkeit
gegeben, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich unmittelbar
an politischen Entscheidungen zu beteiligen, wobei alle drei
Elemente als Ergänzung zum
parlamentarisch-repräsentativen System des Grundgesetzes
verstanden werden.
Waren sich die Oppositionsfraktionen in diesem Grundanliegen einig, so untershieden sich die Anträge im Hinblick auf die erforderliche Beteiligung, auf die einzuhaltenden Fristen und auf die Einzelheiten des Verfahrensablaufs.
Der federführende Innenausschuss hatte die Vorlagen bereits am 11. Februar 2009 beraten und dem Bundestag empfohlen, alle drei Initiativen abzulehnen. Dem FDP-Gesetzentwurf stimmte neben den Antragstellern die Linksfraktion zu, Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.
Die Linke votierte auch für den Gesetzentwurf der Grünen,
bei dem sich wiederum die FDP enthielt. Den Gesetzentwurf der
Linken unterstützten die Grünen, während sich die
FDP enthielt. Union und SPD lehnten die Gesetzentwürfe mit
ihrer Mehrheit ab.
In der Debatte wies der Unionsabgeordnete Ingo Wellenreuther auf die Gefahr des Missbrauchs und der politischen Destabilisierung durch die geforderte direkte Beteiligung des voilkes hin. Volksentscheide eigneten sich nur bei Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet wrden können.
Die parlamentarische Gesetzgebung nannte er ein "lernendes
Verfahren" mit intensiver Beratung in den Ausschüssen, mit der
Anhörung von Sachverständigen, mit
Technikfolgenabschätzung und Bürokratie-Check, bei denen
Kompromisse ausgehandelt würden. Dagegen wäre bei Annahme
der Gesetzentwürfe die Gefahr der Manipulation gegeben.
Dagegen argumentierte Gisela Piltz (FDP), richtungsweisende Entscheidungen eines Staates sollten von den Bürgern mitgetragen werden. Die Mitbeteiligungsrechte würden zu einer besseren Akzeptanz von Entscheidungen führen. "Wir haben bis zum Schluss gehofft, dass der Bundestag bis zum Ende der Legislaturperiode irgendwas einführt", sagte die Abgeordnete mit Blick auf Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid.
Die FDP habe im Gegensatz zu Linken und Grünen in ihrem
Gesetzentwurf die Einführung von Finanzierungsmodellen
gefordert. Auch müssten die Quoren, also die erforderlichen
Unterschriften, hoch genug angesetzt werden, um
auszuschließen, "dass Minderheiten etwas beschließen".
Diese Gefahr sei beim Entwurf der Linken gegeben, der 100.000
Stimmen bereits ausreichten, während die FDP 400.000 Stimmen
für erforderlich hielt.
Michael Hartmann (SPD) sagte, wer wolle, dass die Demokratie lebe, müsse auch bereits sein, Entwicklungen und Veränderungen zuzulassen. Das Grundgesetz habe es verdient, dass "wird die parlamentarische Demokratie weiterentwickeln". Die SPD sei für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide, wissend, dass diese "kein Allheilmittel" seien.
Petra Pau (Die Linke) sah in der Abstimmung einen Test für die
SPD: "Sie werden gleich Zeugnis ablegen, wie Sie es mit der
Forderung Willy Brandts ,Mehr Demokratie wagen' halten und wie
glaubwürdig Ihr Parteivorsitzender Müntefering mit seinen
aktuellen Forderungen ist." Stimme sie mit Nein, dann solle sie
auch die "Ulkdebatten" über eine neue gesamtdeutsche
Verfassung lassen. Stimme sie mit Ja, dann emanzipiere sie sich von
der "Unionsblockade". Man habe es im Land mit Parteienverdruss,
aber auch mit Demokratieverdruss zu tun, und der sei ein
Einfallstor für "rechtsextreme Kameraden".
Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen) hielt der Uniosnfraktion entgegen, ein Demokrat, der das Volk für unfähig halte, seine Geschicke selbst in die Hand zu nehmen, verrate die Idee der Demokratie. Die Opposition habe viel Geduld gehabt, habe informelle Runden angeboten und Kompensationsangebote gemacht, etwa die Legislaturperiode zu verlängerni..
Auch zu Zeiten der weltweiten Finanz- und Wirtschaftkrise malten
die Grünen keine Horrorszenarien an die Wand, weil es keine
Weimarer Verhältnisse mehr geben werde. Alarmsignale gebe es
jedoch, so Wieland. So habe die Beteiligung an der
Bürgermeisterwahl in Düsseldorf nur 38 Prozent betragen.
Instrumente, die sich auf kommunaler und auf Landesebene
hundertfach bewahrt haben, sollten auch auf Bundesebene
eingeführt werden.