Gesetzesbeschluss des Bundestags stärkt die Rechte von Schuldnern
Verbraucher sollen künftig dem Scoring-Verfahren nicht mehr ausgeliefert sein. Am Freitagmittag, 29. Mai 2009, verabschiedete der Bundestag einen Regierungsentwurf, der den Bürgern einen Auskunftsanspruch darüber einräumt, wie etwa ihre Kreditwürdigkeit berechnet wurde. Ein Antrag der Grünen, im Grundgesetz ein „Recht auf Vertraulichkeit“ zu verankern, fand keine Mehrheit.
Im Anschluss an die 90-minütige Debatte stimmte der Bundestag
für den Regierungsentwurf über eine Änderung des
Bundesdatenschutzgesetzes (
16/10529,
16/10581). Dazu hatte der Innenausschuss eine
Beschlussempfehlung vorgelegt (
16/13219). Datenverarbeitende Stellen werden
nun verpflichtet, Bürgern Auskünfte über die bei
ihnen gespeicherten oder von ihnen verwendeten Informationen zu
geben. Betroffene erhalten einen Auskunftsanspruch. Insbesondere
geht dabei um das Scoringverfahren.
Scoring ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, mit dem die
Wahrscheinlichkeit berechnet werden kann, ob zum Beispiel ein
Schuldner seine Schulden auch bezahlen wird. Bisher sei es den
Betroffenen nicht möglich, fehlerhafte Daten zu korrigieren
oder Missverständnisse aufzuklären, heißt es in der
Begründung des Entwurfs. Die Vorlagen von Bündnis 90/Die
Grünen über das Scoring sowie für eine
Festschreibung eines Rechtes auf Vertraulichkeit
informationstechnischer Systeme im Grundgesetz sind gescheitert (
16/9607). Ebenso wurde ein Entwurf des
Bundesrates abgelehnt.
„Ein Blick in die Verfassung muss
ausreichen“
Der Grundrechtereport belege, dass die Bürgerrechte in Gefahr seien, so Silke Stokar von Neuforn (Bündnis 90/Die Grünen). Als Ursache dafür nannte sie mangelnde Kontrolle und fehlende Sanktionen. Jene groben Verstöße gegen den Datenschutz würden nun „nicht mehr klaglos hingenommen“, die Verantwortlichen müssten sich vor Gericht verantworten.
Jetzt solle der Datenschutz als eigenständiges Grundrecht in
das Grundgesetz aufgenommen werden. „Ein einfacher Blick in
die Verfassung muss ausreichen, damit Grundrechte für
jedermann klar definiert erkennbar sind.“
Gezieltes Werben ermöglichen
Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) nannte eine Reihe von Firmen, die ihre Mitarbeiter ausspionierten, wie etwa die Supermarktkette Lidl, die Deutsche Telekom und die Deutsche Bahn. Die Frage, wie eine Ausspähung durch den Arbeitgeber zu verhindern sei, könne jedoch nicht durch einen neuen Grundgesetzartikel beantwortet werden, sagte Uhl. Das sei bereits verfassungsrechtlich geregelt. Nun müssten einfache gesetzliche Regelungen gefunden werden, die einerseits der Wirtschaft ein gezieltes Werben ermöglichen. Andererseits müsse der Bürger selbst entscheiden können, „ob er geworben werden will“.
Gisela Piltz von der FDP-Fraktion kritisierte die
Regierungsfraktionen, die sich „bis zum Ende der Beratungen
gegen eine Pflicht zur Offenlegung der Gewichtung der Daten
gesperrt“ hätten.
Diskriminierung durch Geoscoring
Der Datenschutzbeauftragte der Fraktion Die Linke, Jan Korte, befürwortete, dass eine gesetzliche Grundlage für das Scoring geschaffen wird. Jedoch werde das “Geoscoring“ in dem Regierungsentwurf zwar beschränkt, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es müsse verhindert werden, „dass der Wohnort in einem sozialen Brennpunkt darüber entscheidet, ob man kreditwürdig ist oder nicht.“ Über den Schutz der Privatsphäre sagte er, dass der Bürger oftmals immer noch selbst entscheide, wie viel er – etwa in dem Netzwerk Facebook – von sich preisgebe.
Von Selbstdatenschutz sprach auch Michael Bürsch (SPD). Der
Bürger solle seine privaten Daten effektiv verwalten. Er solle
ebenso über die Nutzung seiner Daten im öffentlichen
Bereich mitbestimmen und genau wissen, was damit getan wird.