Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat gegenüber der FDP einen Sanktionsbescheid erlassen, in dem eine Gesamtzahlungsverpflichtung der Partei in Höhe von insgesamt 4.336.648,79 Euro festgestellt wird. Damit werden Verstöße gegen das Parteiengesetz geahndet, die im nordrhein-westfälischen Landesverband der Partei in den Jahren 1996 bis 2002 begangen wurden. In der Gesamtsumme sind 873.500 Euro berücksichtigt, die von der FDP – bei abweichender Rechtsauffassung – bereits im November 2002 vorsorglich bei der Bundestagsverwaltung hinterlegt wurden.
In den Jahren 1996 bis 2000 und 2002 hat
der damalige Landesvorsitzende der FDP in Nordrhein-Westfalen,
Jürgen W. Möllemann, Bargeld in beträchtlicher
Höhe persönlich an den damaligen Landesschatzmeister und
späteren Landesgeschäftsführer übergeben. Die
Gelder wurden „gestückelt“, unter falschen
Spendernamen auf Konten des Landesverbandes eingezahlt und
entsprechend verbucht.
Diese Spendenvorgänge werden jeweils als Verstöße gegen das parteienrechtliche Verbot bewertet, Spenden anzunehmen, wenn ihre wahre Herkunft nicht feststellbar ist. Das exklusive Wissen des Landesschatzmeisters beziehungsweise Landesgeschäftsführers der Partei über die Identität des Spenders ändert nichts daran, dass diese der Öffentlichkeit und dem übrigen Landesvorstand verborgen blieb. Damit wurde gegen ein Spendenannahmeverbot des Parteiengesetzes verstoßen, das der Umsetzung des verfassungsrechtlichen Transparenzgebots dient.
Auf den genannten Verstößen beruhen folgende
Zahlungsverpflichtungen, die sich jeweils aus dem Dreifachen der
unzulässigerweise angenommenen Spendenbeträge
ergeben:
1996: 94.716,82 Euro
1997: 80.911,94 Euro
1998: 59.054,21 Euro
1999: 299.105,75 Euro
2000: 1.505.882,41 Euro
2002: 319.500,00 Euro
Als Publikationsverstoß werden die der FDP zugeflossenen und nicht veröffentlichten Spenden in Gestalt von Wahlkampfmaßnahmen wie zum Beispiel Plakat- und Anzeigenaktionen in den Jahren 1998 und 2000 bewertet. Dafür sieht das Parteiengesetz eine finanzielle Sanktion in Höhe des Zweifachen der nicht in den Rechenschaftsberichten veröffentlichten Beträge vor. An Zahlungsverpflichtungen ergeben sich daraus im Einzelnen:
1998: 653.271,33 Euro
2000: 450.706,24 Euro
Für das Rechnungsjahr 2000 war die Frage zu prüfen, ob fehlende beziehungsweise falsch verzeichnete Spendenbeträge den Rechenschaftsbericht für dieses Jahr wesentlich unrichtig gemacht haben, das heißt in einem Maße unrichtig, dass er insgesamt als entwertet anzusehen gewesen wäre.
Die Rechtsprechung hat für die Feststellung einer wesentlichen
Unrichtigkeit als Orientierungswert eine Abweichung von fünf
Prozent für zulässig gehalten. Um dem Gebot der
Gleichbehandlung aller Parteien angesichts ihrer sehr
unterschiedlichen Einnahmestrukturen zu entsprechen, war der Anteil
der von der Partei unrichtig angegebenen Spendeneinnahmen an ihren
Gesamteinnahmen zur Grundlage der Bewertung zu machen.
Für den FDP-Rechenschaftsbericht 2000 hat sich deshalb eine deutliche Unterschreitung dieses Wertes ergeben. Die Partei wird den aufgeführten Einzelsanktionen unterworfen und verliert nicht ihren Zuwendungsanteil für das Jahr 2001 insgesamt.
Der Anteil der FDP an der Aufklärung des Sachverhalts ist zu
würdigen, ändert jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit
der Spendenvorgänge. Er führt im Ergebnis immerhin dazu,
dass in Bezug auf die 873.500 Euro, die die Partei unter
Aufrechterhaltung ihrer Rechtsposition, die Spenden seien
rechtmäßig angenommen worden, hinterlegt hat, über
die Einbehaltung dieses Betrages hinaus keine weitergehenden
Sanktionen ausgesprochen werden.
Mit dem vorliegenden Bescheid schließt die
Bundestagsverwaltung einen ein im Hinblick auf die
vielfältigen Sachverhalte und ihre rechtliche Bewertung
äußerst komplexen Vorgang ab. Die mehrjährige
Bearbeitungszeit hält sich durchaus im Rahmen vergleichbarer
parteienrechtlicher Verfahren. Sie erklärt sich im konkreten
Fall auch durch die außerhalb der Bundestagsverwaltung
geleistete und für die Beurteilung relevante justizielle
Aufarbeitung durch Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte,
die bis Mitte 2007 angedauert hat.