Ihr Büro ist gespickt mit Plakaten wie "Block Nato", "Make Capitalism History" und "Marx neu entdecken". Als zufälliger Besucher könnte man vermuten, dass Lucia Schnell Kampagnenpolitik organisiert. "Kampagnenpolitik wäre falsch - ich mache eher Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit", entgegnet die hochschulpolitische Referentin der Fraktion Die Linke.
Während ihre Kollegin für Bildungspolitik, Ausbildung, Weiterbildung, Schule verantwortlich ist, kümmert sich Schnell um die Universitäten. Ihre Aufgabe ist es, sich mit Unis, Verbänden und Initiativen zu vernetzen und zu koordinieren. Ihr bis dahin größtes und ihrer Meinung nach auch erfolgreichstes Projekt war während des Bildungsstreiks im November 2008 einen Studierendenkongress zu organisieren.
In Veranstaltungen und Workshops diskutierten dort zehn Abgeordnete der Linken mit rund 150 Studierenden über die Abschaffung von Studiengebühren und die Gefahr vom Studium als Schuldenfalle. Weil die Resonanz auf den Studierendenkongress so gut war, initiierte Schnell regionale Konferenzen für den Bildungsstreik in diesem Jahr.
Daneben mussten jedoch auch Reader geschrieben werden wie der über die Bedeutung der Bankenkrise für die Hochschulen: "Milliarden für Banken - Krise an den Hochschulen". Über solche politischen Fragen will Schnell Aufklärung leisten für Menschen, die sich politisch für Universitäten interessieren und einen stärkeren Dialog zwischen Abgeordneten und Studierenden entwickeln.
Daneben bereitet Schnell jedoch auch parlamentarische Initiativen vor, indem sie etwa Anträge für eine Bafög-Reform entwirft. Damit solle die Unterstützung von Studierenden durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) an die aktuellen Lebenskosten angepasst und es elternunabhängig gestaltet werden. "Was frustrierend dabei ist: dass alle unsere Anträge immer abgelehnt werden wegen der fehlenden Mehrheit im Bundestag. Allerdings haben wir auch viel erreicht."
Schnell sieht einen Erfolg ihrer Aufklärungsarbeit darin, dass beispielsweise eine Kehrtwende in der Politik der Studiengebühren stattgefunden habe und diese in immer weniger Ländern durchgesetzt würden. Für die Fachgespräche im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung schlägt sie die von der Linksfraktion zu benennenden Sachverständigen ihres Themenbereichs vor, die eingeladen werden sollen. Oder sie bereitet in Abstimmung mit den Abgeordneten eine Stellungnahme beispielsweise für den Petitionsausschuss vor.
Eine der zentralen Aufgaben Schnells ist zudem die Vorbereitung von Sprechzetteln für die Abgeordneten in den Ausschusssitzungen, die ihren Themenbereich betreffen. Auf einem sogenannten Sprechzettel wird das Votum der Fraktion zu einer spezifischen Abstimmung ausführlich begründet. Er dient den Abgeordneten in den verschiedenen Ausschüssen zur inhaltlichen Rückversicherung für ihr Abstimmungsverhalten.
"Wenn beispielsweise das Grundrecht auf Ausbildung diskutiert wird, passiert das nicht nur im Bildungsausschuss, sondern auch der Ausschuss für Familie und Jugend ist mitberatend dabei." Der Sprechzettel ist dabei eine Art inhaltlicher Orientierungshilfe, der die Argumentation zu einem bestimmten Thema zusammenfasst - und für die Abgeordneten übersichtlich die inhaltliche Komplexität zusammenstellt.
Biografisch lässt sich sagen, hat sich für Schnell der Kreis geschlossen mit Ihrer Arbeit als Referentin für Hochschulpolitik - von dem Studium an der Universität zur Arbeit über die Universität und für bessere Studienbedingungen: Nachdem Schnell als Studentin der Geschichte, Lateinamerikanistik und Politik ihr Studium abgeschlossen hatte, bewarb sie sich nach der Bundestagswahl 2005 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Linken für den Bereich Innovation, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien: "Das war zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode, und ich habe zuerst einmal so Dinge gelernt wie überhaupt ein Ausschuss funktioniert."
Neben ihrer Arbeit als Referentin engagiert sie sich als Landesparteitagsdelegierte für die Linke in Berlin-Neukölln im Wahlkampf. Eine wirkliche Trennung zwischen ihrem politischen Engagement und ihrer Tätigkeit als Referentin will sie nicht ziehen.