Das Verhältnis zwischen Politik und Fernsehen erinnert zuweilen an das Rennen zwischen Hase und Igel. Wo immer die Politik ankommt, das Fernsehen ist schon da. Doch von Zeit zu Zeit legt der Politikbetrieb ein Tempo vor, dass das TV-Programm dagegen regelrecht müde wirkt. Heidi Klum wird in den kommenden Wochen wieder dutzende Sendungen benötigen, um in einer Herde zickender Schönheiten Germanys next Top Model zu finden. Und Dieter Bohlen muss über Monate eine Horde von Möchtegernen mit Verbalinjuriern traktieren bis sich aus all den Missklängen die glockenreine Stimme eines Superstars erhebt.
Kurz und schmerzlos - zumindest für das Publikum - verlaufen Castings in der Politik: Nach zügigen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen wird spätestens am Montagmorgen ein strahlender neuer Minister präsentiert, während den erstaunten Zuschauern noch das wütende Türenknallen von dessen Vorgänger am Freitag Nachmittag in den Ohren klingt.
Auch Klaus Wowereit hat es eilig in diesen Tagen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin terminierte den Volksentscheid über die Einführung eines Wahlpflichtfachs Religion an den Schulen geschwind auf den 26. April. Warum auch sechs Wochen länger warten und die Abstimmung zusammen mit der Europawahl abhalten? Warum der leeren Stadtkasse 1,4 Millionen Euro zusätzliche Ausgaben ersparen? Zeit ist schließlich auch Geld. Gerüchte, Wowereit wolle lediglich die Erfolgsaussichten der Inititative "Pro Reli" schmälern, weil bei einem getrennten Termin mit einer niedrigeren Beteiligung am Volksentscheid - mindestens 25 Prozent der 2,4 Millionen Wahlberechtigten müssen mit Ja stimmen - gerechnet wird, sind natürlich Blödsinn. Der Mann ist einfach nur schnell. "Diepgen rennt" - mit diesem Slogan hat schon sein Vorgänger vor zehn Jahren erfolgreich Wahlkampf gemacht.