Kassel, Bamberg, Stuttgart, Frankfurt. Viele Namen machten in den Jahren 1948/49 die Runde, wenn es um die Frage nach dem Regierungssitz der noch jungen Bundesrepublik ging. Am Ende entschied sich der Bundestag am 3. November 1949 mit 200 zu 179 Stimmen für das beschauliche Bonn und damit gegen den Hauptkonkurrenten Frankfurt, das lange die besseren Karten zu haben schien: In der Metropole am Main hatte nicht nur der Wirtschaftsrat seinen Sitz. Als Heimat der Paulskirchenverfassung hatte hier Demokratie Tradition. So konnte sich noch im Mai 1949 in einer Probeabstimmung des Parlamentarischen Rats keine Mehrheit für Bonn finden. Die SPD und die hessischen Unions-Abgeordneten favorisierten Frankfurt. Der Rest der CDU und besonders der Rheinländer Adenauer aber waren für Bonn - auch aus politischen Gründen. Schließlich war die Region seit jeher stark mit den westlichen Nachbarn Deutschlands verknüpft, was der Politik des frisch gewählten Bundeskanzlers entgegen kam. Ein Angriff aus Richtung der Sowjetunion, der während des Kalten Krieges befürchtet wurde, hätte Frankfurt außerdem früher getroffen als Bonn. Tatsächlich wechselten einige Frankfurt-Unterstützer kurz vor der endgültigen Entscheidung die Fronten. Bonn wurde Regierungssitz - mehr aber auch nicht. Über Jahre hinweg wurde die Stadt nur als Platzhalter für Berlin angesehen. Erst 1973 erkannte Kanzler Willy Brandt (SPD) Bonn als Bundeshauptstadt an. Keine zwanzig Jahre später beschloss der Bundestag im Juni 1991 wieder den Umzug von Parlament und Teilen der Regierung an die Spree.