AMOKLAUF
Bosbach erwartet »parlamentarisches Nachspiel«
Der Amoklauf des 17-jährigen Tim K. an einer Realschule im baden-württembergischen Winnenden am 11. März forderte 16 Menschenleben. Dieser Amoklauf, der unter Politikern aller Parteien große Bestürzung hervorgerufen hat, könnte nun auch den Bundestag beschäftigen. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, deutete dies zumindest in einer ersten Reaktion an. Er gehe davon aus, dass der Amoklauf ein "parlamentarisches Nachspiel" haben werde.
Bei diesem Nachspiel wird es einmal mehr um die Frage gehen, ob es einer erneuten Verschärfung des Waffenrechts bedarf. Auch ein eventuelles Verbot gewaltverherrlichender Computerspiele steht dann wieder zur Debatte.
Die letzte Verschärfung des Waffenrechts liegt erst knapp ein Jahr zurück. Mit breiter Mehrheit hatte der Bundestag im Februar 2008 ein Mitführverbot von Anscheinswaffen und gefährlichen Messern beschlossen. Als Folge des Erfurter Amoklaufes im Jahr 2002 wurde schon vorher das Mindestalter für den Waffenkauf von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt. Der Waffenrechtsexperte der CDU, Reinhard Grindel, sieht die derzeitigen Regelungen als "ausreichend" an. "Das Gesetz regelt die sichere Waffenaufbewahrung." Die übergroße Zahl der Waffenbesitzer halte sich auch daran. "Kein Gesetz kann schützen, wenn es nicht beachtet wird", sagt der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff: "Nach jetzigem Kenntnisstand wurde gegen geltendes Waffenrecht verstoßen." Für seriöse politische und gesetzgeberische Schlussfolgerungen sei es seiner Ansicht nach noch zu früh. Ulrich Maurer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, fordert hingegen schon jetzt politische Konsequenzen. "Der Zugang zu Waffen muss erschwert und ein elektronisches Waffenregister eingeführt werden", so Maurer. Auch aus Sicht der Grünen ist die Zahl der Waffen in Privatbesitz deutlich zu hoch. Zudem seien genaue Angaben darüber nicht verfügbar. Innenexpertin Silke Stokar: "Wir brauchen ein nationales Waffenregister."
Da auf dem Computer des Amokläufers gewaltverherrlichende Spiele wie etwa "Counterstrike" gefunden worden sind, wird nun auch wieder über ein Verbot diskutiert. Als der Bundestag im Mai vergangenen Jahres das Jugendmedienschutzgesetz verschärft hat, wurde ein Verbot sogenannter Killerspiele abgelehnt. Besteht nun Handlungsbedarf? Christoph Pries (SPD), Vorsitzender des Unterausschusses Neue Medien stellt fest: "Der Jugendmedienschutz in Deutschland gilt international als vorbildlich." Ob und inwieweit Gesetzesänderungen nötig seien, werde zu gegebener Zeit diskutiert. "Der Fall macht deutlich, dass wir eher ein Vollzugsdefizit haben." Einem Verbot dieser Spiele steht Pries skeptisch gegenüber: "Killerspiele töten niemanden. Das tun immer noch die Menschen." Für den CDU-Innenexperten Hans-Peter Uhl ist das reformierte Gesetz "nicht ausreichend". Ein weiteres Nachdenken über geeignete Maßnahmen des Jugendschutzes sei "ausdrücklich geboten". "Die Zeit für ein Verbot der Killerspiele ist reif", betont Uhl.