Hans-Gert Pöttering (63) ist so etwas wie ein "Berufseuropäer": Seit nunmehr drei Jahrzehnten ist der Jurist Mitglied des Europäischen Parlaments. 1979 kam er mit der ersten Direktwahl nach Brüssel, neun Jahre war er Fraktionsvorsitzender der EVP. Im Januar 2007 wurde der Pöttering schließlich Präsident des Europäischen Parlaments. Er setzt sich für den EU-Reformvertrag und die Erweiterung der Europäischen Union ein. Ein Beitritt der Türkei, glaubt er, würde die EU allerdings überfordern. Hier fordert er eine privilegierte Partnerschaft.
Markus Ferber gehört mit seinen 43 Jahren schon zu den alten Hasen im EU-Parlament. Seit 1994 sitzt der Schwabe in der Volksvertretung, seit 1999 ist er Vorsitzender der CSU-Europagruppe. Nun zieht er erneut für die CSU auf Listenplatz 1 in den Wahlkampf. Ferber und andere CSU-Mitglieder hatten sich zuvor gegen eine Nominierung der Strauß-Tochter Monika Hohlmeier als Spitzenkandidatin gestellt. Sie kandidiert nun auf Listenplatz 6. Ferber fordert: "Wir brauchen ein Europa, dass vor Ort die Luft zum Atmen lässt."
Europaweit wurde Martin Schulz (58) bekannt, als er sich 2003 mit Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi anlegte und dieser ihm daraufhin eine Filmrolle als KZ-Aufseher empfahl. Der Eklat ging damals durch alle Medien. Inzwischen sitzt der gelernte Buchhändler und frühere Bürgermeister einer Kleinstadt bei Aachen 14 Jahre im EU-Parlament und kämpft dort als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion beharrlich gegen das negative Image der EU. Seine Schwerpunkte: Europäische Innenpolitik und Menschenrechte.
Die FDP-Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin verbrachte den ersten Teil ihrer Kindheit außerhalb Europas: in Marokko und im Sudan. 2004 führte sie die FDP nach zehnjähriger Abstinenz wieder ins EU-Parlament zurück und ist seither stellvertretende Vorsitzende der ALDE-Fraktion. Heute ist sie eine der bekanntesten deutschen EU-Politikerinnen - wohl auch, weil sich die dreifache Mutter einst mit Babybauch vom stern ablichten ließ und ein Buch über den neuen Feminismus schrieb. Ihre Themen sind Familien- und Haushaltspolitik.
Die Kandidatenkür der Linkspartei überraschte: Profilierte Europapolitiker wie André Brie und Sylvia-Yvonne Kaufmann wurden nicht wieder aufgestellt. Kaufmann ist innerparteilich umstritten, weil sie für den Vertrag von Lissabon gestimmt hat, während die Bundestagsfraktion der Partei dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagt. Nun geht der Parteivorsitzende Lothar Bisky (67) als Spitzenkandidat ins Rennen. Bisky, seit 2007 Vorsitzender der Partei der Europäischen Linken, fordert einen "Politikwechsel in Europa".
Mit Rebecca Harms fuhren die Grünen bei der letzten Europawahl ein Rekordergebnis von 11,9 Prozent ein. Nun setzt die Partei wieder auf die 53-Jährige. 1977 war sie Mitbegründerin der Bürgerinitiative gegen das Atommülllager in Gorleben, heute kümmert sie sich auch im EP um Atom- und Energiepolitik. "Die Zeit ist auf grüne Erneuerung gepolt", sagte sie im Januar auf dem Dortmunder Grünen-Parteitag. Sie will ab Juni 2009 in Brüssel für den "Grünen New Deal" kämpfen.