Langsam kreist das Flugzeug über der Reichstagskuppel auf der Startseite von "kuppelkucker.de", dem Kinderportal des Bundestages. Hinter sich zieht es ein Spruchband: "24. April: Mehr Rechte für Zugreisende" steht darauf. Wer es anklickt, erfährt, dass das Parlament ein Gesetz verabschiedet hat, das regelt, wann und wie Bahnreisende entschädigt werden, falls ein Zug unpünktlich ist. In einfachen Worten wird zudem erklärt, was eine Entschädigung ist, wie die Abgeordneten genau abgestimmt haben und was die Opposition, also die, die gerade nicht an der Regierung sind, eigentlich von den neuen Regelungen hält.
Der wöchentlich aktualisierte Ticker mit Nachrichten aus dem parlamentarischen Geschehen ist ein neuer Service auf "kuppelkucker.de". Seit August 2007 gibt es das Kinderportal des deutschen Parlaments im Internet, dessen Ziel es ist, kleinen Bürgern ab acht Jahren das deutsche Parlament näher zu bringen. Per Mausklick können sie den Bundestag und seine Strukturen von innen kennen lernen: Sie besuchen eine Abgeordnete in ihrem Büro, den Plenarsaal, einen Ausschusssitzungssaal und natürlich die Reichstagskuppel. An jedem Ort erfahren sie, wie hier gearbeitet wird: Sie treffen Saaldiener, lernen, wie Politiker gewählt werden und wozu ein Ausschussvorsitzender eigentlich eine Glocke benötigt. (Genau, um für Ruhe im Saal zu sorgen, falls es einmal laut wird!) Über "kuppelkucker.de" können Kinder aber auch selbst Kontakt zu ihren parlamentarischen Vertretern knüpfen: So können sie etwa herausfinden, wer der Abgeordnete ihres Wahlkreises ist - oder sich mit einem Anliegen an die Kinderkommission des Bundestages wenden: E-Mails, die über die Seite abgeschickt werden, gehen direkt an das Gremium, dessen Aufgabe es ist, Rechte von Kindern durchzusetzen und ihre Interessen wahrzunehmen. Aber nutzen Kinder eigentlich dieses Angebot? Interessieren sie sich überhaupt für Politik und das, was im Bundestag geschieht?
"Und wie", sagt Nathalie Hillmanns-Weis, eine der Verantwortlichen für die Online-Auftritte des Bundestags. Tatsächlich sei es leichter, Achtjährige mit Politik bekannt zu machen als 15-Jährige. Anders als in anderen Generationen befassten sich Jugendliche heute eher selten mit politischen Themen. "Sie sehen oft nicht, dass sie etwas mit ihrer Lebensrealität zu tun haben. Diese Verbindung muss man erst herstellen, sie erfolgt nicht automatisch." Diese Erfahrung hat Hillmanns-Weis bei der Entwicklung des Bundestag-Jugendportals "mitmischen.de" gemacht. Kinder hingegen reagierten anders, erzählt die Redakteurin, sie seien offen und wollten die Welt erklärt bekommen. Ihre natürliche Neugier nutzt "kuppelkucker.de" offenbar mit Erfolg: "Die Website war sofort ein Renner", erinnert sich Hillmanns-Weis. Innerhalb weniger Tage seien die Klickzahlen "quasi von Null auf 100" hochgeschnellt. Im ersten Monat zählte die Redaktion 26.000 Seitenansichten, im zweiten bereits 250.000, ganz ohne Werbung. Zwischenzeitlich waren es sogar 670.000 Seitenansichten. "Wir haben mit unserem Angebot offenbar eine Lücke gefüllt", sagt Hillmanns-Weis.
Tatsächlich war es der Bundestag, der als erstes Staatsorgan ein Kinderportal entwickeln ließ. Mittlerweile haben andere nachgezogen: Auch der Bundespräsident, die Bundesregierung und das Bundesfamilienministerium haben Internet-Auftritte speziell für Kinder ins Netz gebracht. "kuppelkucker.de" hat sich etabliert, die Zahl der Seitenaufrufe liegt recht konstant bei rund 320.000 pro Monat. Das Interesse der jungen Nutzer für Politik scheint ungebrochen. In letzter Zeit häuften sich sogar die Nachfragen, was denn eigentlich "jetzt gerade" im Bundestag passiere. Anlass für das Redaktionsteam, Parlamentsnachrichten in das Angebot zu integrieren. Über alles, was Kinder besonders interessiert, wird künftig berichtet. Ein Schwerpunkt in den nächsten Monaten natürlich: die Bundestagswahl. Weitere Neuerungen sind geplant: Demnächst wird eine Schnitzeljagd durchs Programm führen.