INTERNET
Die Unsicherheit, wie groß die Freiheit ihrer Kinder im Netz sein darf, ist bei vielen Eltern groß. Eine Initiative von Politik, Wirtschaft und Jugendschützern will Acht- bis Zwölfjährigen sicheres Surfen ermöglichen
Das Internet bietet scheinbar unendliche Möglichkeiten: Von der Buchung eines Fluges über die Recherche für wissenschaftliche Aufsätze bis hin zur sekundenschnellen Kommunikation mit Wildfremden auf der anderen Seite des Planeten. Auch immer mehr Kinder nutzen das Internet. Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest befragte in seiner Studie zu "Kinder und Medien, Computer und Internet 2008" (KIM) 1.200 6- bis 13-Jährige unter anderem zu ihrer Internetnutzung. Zwei Drittel der Befragten nutzten regelmäßig den Computer, wiederum zwei Drittel von denen gaben an, regelmäßig im Netz zu surfen.
Für Eltern wirft das oft die Frage auf, wie sie ihre Kinder effektiv vor Gefahren schützen können. Denn Kinder durchschauen weniger als Erwachsene, was es bedeuten kann, ein Abonnement abzuschließen oder seine Adresse auf einer Internetseite zu hinterlassen. "Kinder begreifen auch nicht unbedingt, dass jemand in einem Chat mit dem Spitznamen ,Alina' und der Angabe ,neun Jahre' nicht ein kleines Mädchen, sondern ein erwachsener Mann sein kann", sagt Friederike Siller.
Siller leitet "FragFinn.de" ein Projekt, dass die Bundesregierung Ende 2007 zusammen mit Unternehmen und Verbänden der Kommunikationsbranche ins Leben gerufen hat, um genau diesen Unsicherheiten zu begegnen. Ihre Aufgabe: Mit sechs festen und freien Mitarbeitern stellt die Medienpädagogin eine Liste von Kinderangeboten und Internetseiten, die für Kinder unbedenklich sind, zusammen. Die Liste wird ständig erweitert, derzeit gehören 5.500 Internetauftritte dazu. Eltern können eine passende Kinderschutz-Software auf ihrem Computer installieren, mittels der ihre Kinder nur noch auf von "FragFinn.de" geprüften Seiten surfen können.
"FragFinn.de" funktioniert wie jede Suchmaschine: Der Nutzer gibt ein Suchwort ein, beispielsweise Frosch, und erhält eine Liste von Seiten zu diesem Thema. Während etwa bei Google die ersten drei Vorschläge Werbung für Putzmittel und Reisen enthalten, erscheinen bei "FragFinn.de" Angebote für Kinder, die Informationen über Froscharten enthalten.
"Wir kontrollieren jede Seite unter anderem darauf, ob sie Werbung enthalten und der Datenschutz gewahrt wird", sagte Siller. "Wenn eine Seite auf unserer Liste steht, überprüfen wir, dass sie auch sauber bleibt." Im Normalfall kontrollieren sie und ihre Kollegen die Angebote alle vier bis acht Monate, kritische Fälle prüfen sie teilweise alle zwei Wochen.
Der Kriterienkatalog und die strenge Überprüfung nach Gesichtspunkten des Jugendmedienschutzes sei auch der Unterschied zu anderen Suchmaschinen für Kinder, erklärt Siller. Natürlich seien sie aber mit weiteren Angeboten wie "Blinde-Kuh.de" verlinkt, einem auch vom Familienministerium geförderten Projekt.
Das Internetangebot gehört zur Initiative "Ein Netz für Kinder". Diese besteht zum einen aus einem Förderprogramm, das der Kulturstaatsminister jährlich mit einer Million Euro und das Bundesfamilienministerium mit 500.000 Euro pro Jahr unterstützt. 15 Projekte werden bisher gefördert. Darunter die Seite "kinderkochland.de", die ab Oktober dieses Jahres jungen Menschen spielerisch Lust auf gesunde Ernährung machen will, oder "Grundschüler im Internet", auf dem Kinder Materialien zum Selbstlernen finden werden sowie Lehrer die Möglichkeit haben sollen, sich über ihre Arbeit auszutauschen.
Die Resonanz im Kulturausschuss auf die Zwischenbilanz des Projektes am 1. Juli war positiv. "Der Ansatz ist voll zu unterstützen", meinte Lukrezia Jochimsen (Die Linke). "Mit der Auswahl der Suchmaschine für die Kinder hat sich die Rolle der Eltern allerdings nicht erschöpft. Sie müssen weiterhin auf die Aktivitäten ihrer Kinder im Netz achten", fügte Jochimsen hinzu. "Eine erstklassige und in ihrer Art einmalige Initiative", lobte Wolfgang Börnsen (CDU). Hans-Joachim Otto (FDP) hoffte vor allem, dass "die Eltern damit eher akzeptieren können, dass ihre Kinder im Netz surfen, denn es ist wichtig, dass Kinder ans Internet gewöhnt werden". "Das Angebot ist sicherlich sinnvoll als Hilfestellung für Eltern, die ihre Kinder nicht beliebig im Internet spielen lassen wollen", sagte Monika Griefahn, kulturpolitische Sprecherin der SPD. Das Problem seien jedoch soziale Netzwerke wie SchülerVZ, die schon bei 11- bis 13-Jährigen sehr beliebt seien und auf die "Ein Netz für Kinder" noch keinen Einfluss habe. Denn in diesen Netzwerken finde unter anderem das statt, was mit "FragFinn.de" bekämpft werden soll: unkontrolliertes Mobbing von Mitschülern.
Friederike Siller weiß um die Einschränkungen ihrer Seite. "Zur Zeit besuchen unsere Seite pro Tag durchschnittlich 9.000 Menschen, an sehr guten Tagen 20.000", sagt Siller. Das seien noch viel zu wenige. Deswegen planten sie, in den kommenden Monaten vor allem die Kontakte zu Schulen zu erweitern. Zum Verein gehöre schon ein Lehrerrat, der kostenloses Unterrichtsmaterial erstellt habe. Demnächst komme ein Kinderrat hierzu. Die beteiligten Unternehmen scheinen mit dem Projekt zufrieden zu sein. "Sie haben signalisiert, dass sie unsere Arbeit auch nach 2010 weiterfördern wollen", freut sich Siller.