Die Sicherstellung der Eisenbahninfrastruktur und des Fernverkehrsangebotes sollte gesetzlich geregelt werden. Darin waren sich die meisten Sachverständigen am 1. Juli bei der Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einig. Dabei ging es um die identischen Gesetzentwürfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/9797) und des Bundesrates ( 16/9903) zur Sicherstellung der Eisenbahninfrastruktur und des Fernverkehrsangebots.
Darin wollen Grüne und Bundesrat festschreiben, wie die Deutsche Bahn AG im Fall einer Teilprivatisierung ihrer Verkehrs- und Logistiksparte das Schienennetz instand halten muss. Die Länderinteressen sollen dabei gewahrt bleiben. Außerdem soll untersagt werden, dass Fernverkehrsangebote von der Bahn eingestellt werden.
Professor Karl-Dieter Bodack von der Fachhochschule Coburg, der nach eigenen Angaben lange bei der Bahn gearbeitet hat, hielt das geplante Gesetz für "unabdingbar notwendig", damit der Bund seine Verpflichtung zur sparsamen und zielgerichteten Verwendung der Haushaltsmittel erfülle. Nach seiner Auffassung gibt es erhebliche Mängel in der Erhaltung und in der Leistungsfähigkeit der Eisenbahn-Infrastruktur.
Einige Defizite könnten durch eine verstärkte Aufsicht des Bundes beziehungsweise des Eisenbahn-Bundesamtes behoben werden, in dem zum Beispiel der Rückbau von Eisenbahnanlagen im Bestandsnetz einem strengen Genehmigungsverfahren unterworfen werde, heißt es in seiner schriftlichen Stellungnahme. Deshalb seien neue gesetzliche Regelungen notwendig, um die Infrastruktur mit dem Ziel, "mehr Verkehr auf die Schiene" zu bringen, zu ertüchtigen. Er regte an, die vorliegenden Gesetzentwürfe unter anderem bei der Finanzierung und bei der Rückzahlung von Mitteln des Bundes noch zu präzisieren und zu ergänzen. So sollte eine anteilige Rückzahlung von Bundesmitteln auch dann erfolgen, wenn die Baumaßnahme die geplanten Funktionen nicht voll erfülle.
Kritisch wertete Professor Christian Böttger, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, die Gesetzentwürfe. Sie würden in der "jetzigen Form" wenig geeignet sein, um die verkehrspolitischen Ziele der Antragsteller zu erreichen. So gebe es keine Gewähr, dass tatsächlich sinnvolle Leistungen erbracht beziehungsweise gefördert würden und sie seien "ordnungspolitisch unklar", da unter anderem eine Pflicht zur Ausschreibung nicht vorgesehen sei. Außerdem böten die Gesetzentwürfe Anreize zum Missbrauch durch die Deutsche Bahn AG. Trotzdem hielt auch er es für eine wichtige Aufgabe, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Wettbewerb zu fördern.
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, begrüßte, dass die Debatte um die vorliegenden Gesetzentwürfe dazu beitrage, die verkehrs- und bahnpolitische Diskussion in Deutschland voranzutreiben. Er halte jedoch die Einbeziehung der Fahrgastperspektive und Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger untereinander für erforderlich sowie die konkrete Orientierung an den Potenzialen für mehr Verkehr auf der Schiene . Vor einer Festlegung für die Anwendung bestimmter Instrumente sei zudem die Formulierung von Zielen für die Steigerung von Fahrgastzahlen und Marktanteilen erforderlich. Dabei verwies er auf einen Masterplan Personenverkehr, den die Allianz pro Schiene mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband erarbeitet habe.
Professor Hubertus Gersdorf von der Juristischen Fakultät der Universität Rostock hielt die Gesetzentwürfe zwar für verfassungsrechtlich zulässig, jedoch für nicht geboten. Der Bund sei nicht verpflichtet, auch bei einer teilweisen Privatisierung der Deutschen-Bahn-Tochter Mobilität Logistik AG ein entsprechendes Sicherstellungsgesetz zu erlassen. Es sei Aufgabe des Staates, Wettbewerb zu ermöglichen. Hans Leister von der Initiative Deutschlandtakt unterstützte die Intention der Gesetzentwürfe, sah allerdings noch erheblichen Verbesserungsbedarf.