Denkt der Deutsche an Recht und Gesetz, so geht er stets davon aus, dies auch in einer verschriftlichten und einer verbindlichen Form vorzufinden. So fallen in Diskussionen über den Islam gerne Sätze wie: "Das steht so im Koran" oder "Das steht so in der Scharia". Doch weder gibt es "das" islamische Recht, noch ist es kodifiziert. Mathias Rohe, Jurist und Islamwissenschaftler, räumt in seinem umfassenden und fundierten Buch mit so manchem Vorurteil über das islamische Recht auf, das in westlichen Ländern sehr gerne mit drakonischen und gegen die Menschenrechte verstoßenden Strafen in Verbindung gebracht wird. Doch das islamische Recht hat deutlich mehr zu bieten, regelt neben Ehe- und Familienangelegenheiten beispielsweise auch Fragen des Vertrags- und Wirtschaftsrechts, des Gesellschafts- und Völkerrechts.
Das anspruchsvolle Werk führt durch die Entstehungsgeschichte und die Quellen des islamischen Rechtssystems, benennt grundlegende Unterschiede zwischen sunnitischen und schiitischen Interpretationen, und zeigt, wie unterschiedlich sich die Praxis der Rechtsfindung in den muslimischen Ländern, aber auch in Indien, Deutschland und Kanada darstellt.
Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart.
Verlag C.H. Beck, München 2009; 606 S., 39,90 ¤