Blickpunkt Spezial: Am
Anfang herrschte Misstrauen. Heute ist die Truppe akzeptiert.
Brauchen wir noch einen Wehrbeauftragten?
Reinhold Robbe: Die Notwendigkeit
ist heute so aktuell wie 1956. Die Bundeswehr ist in ihrer heutigen
Form ohne Wehrbeauftragten gar nicht denkbar. Denn er ist nicht nur
der verlängerte Arm des Parlaments in die Truppe hinein, er
wirkt nicht nur vorbeugend dadurch, dass sich jeder Soldat mit
Eingaben an ihn wenden kann. Er ist auch die einzige
Kontrollinstanz, die sich jederzeit unangemeldet ein Bild von der
ungeschminkten Realität machen und bei erkannten
Missständen sofort auf Abhilfe dringen kann.
Blickpunkt: Die Truppe hat
sich in den letzten 52 Jahren stark verändert — auch das
Amt des Wehrbeauftragten?
Robbe: Die Aufgaben haben sich vom
Grundsatz her nicht geändert. Seit längerer Zeit gibt es
etwa 6.000 Eingaben jährlich, denen individuell nachgegangen
wird. Nach wie vor kontrolliert der Wehrbeauftragte, ob in der
Bundeswehr das Prinzip vom „Staatsbürger in
Uniform” funktioniert. Und nach wie vor sehen die Soldaten im
Wehrbeauftragten ihren Anwalt. Aber die Bundeswehr ist eine
Einsatzarmee geworden. Und deshalb hat sich auch mein
Betätigungsfeld erweitert. Ich bin beispielsweise einmal pro
Jahr in jedem Einsatzgebiet, um zu sehen, ob die Soldaten gut
ausgebildet und ausgerüstet sind.
Blickpunkt: Sie zählten
vor Ihrer Wahl zu den erfahrensten Bundeswehr kennern. Konnten Sie
trotzdem noch etwas lernen?
Robbe: Aber sicher. Jede Armee will
sich Dritten gegenüber von der Schoko ladenseite zeigen. Durch
meine vorwiegend unangemeldeten Truppenbe suche habe ich jetzt
einen ganz anderen Zugang. Früher hat man mir die Auswahl der
Gesprächspartner abgenommen, jetzt entscheide ich selbst, wen
ich sprechen möchte. Meine Behörde mit rund 50
Mitarbeitern nimmt sich gegen die riesige Bundeswehr wie David
gegen Goliath aus. Aber ich erfahre, dass wir durchaus Wirkung und
Erfolge haben.
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Erschienen am 18. Juni 2008
Reinhold Robbe, Jahrgang 1954, wurde am 14. April 2005 zum Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages gewählt. Der gelernte Verlagskaufmann war von 1994 bis Mai 2005 Mitglied der SPD-Fraktion des Bundestages, seit 2002 war er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses.