FINANZEN
Bagatellgrenzen bei nachgelagerter Besteuerung verfassungsrechtlich problematisch
Die deutschen Steuerbehörden wollen 120 Millionen Rentenbezugsmitteilungen überprüfen lassen, um festzustellen, ob die Rentner ihrer Steuerpflicht nachgekommen sind. Grund für die Aktion ist die Einführung der sogenannten nachgelagerten Besteuerung im Jahr 2005, durch die Renten höher besteuert werden. Im Gegenzug können Vorsorgeaufwendungen für das Alter besser bei der Steuer geltend gemacht werden. Bagatellgrenzen soll es bei dem Überprüfungsverfahren aber nicht geben. Nach Angaben der Bundesregierung gegenüber dem Finanzausschuss des Bundestages ist die Einführung solcher Bagatellgrenzen verfassungsrechtlich problematisch.
Damit nicht in jedem Einzelfall alle Steuerunterlagen durchgegangen werden müssten, hat sich die Regierung mit den Bundesländern auf ein Risikomanagement geeinigt, bei dem nach bestimmten Kriterien mit einer Wahrscheinlichkeitsbewertung vorgegangen wird. Die genauen Kriterien dieses Risikomanagements werden jedoch nicht bekanntgegeben, damit sie für die Steuerzahler nicht vorhersehbar sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bleibe jedoch gewahrt, versicherte die Regierung.
Wegen der Überprüfungen hatte es eine heftige öffentliche Debatte gegeben. So forderte der Präsident des Sozialverbandes, Adolf Bauer, der Staat solle sich lieber um die "großen Fische unter den Steuersündern" kümmern. Allerdings waren Rentenbezüge auch vor dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes im Jahr 2005 schon steuerpflichtig. Anzusetzen war bis dahin jedoch nur der verhältnismäßig niedrige "Ertragsanteil" einer Rente. Seit der Änderung ist etwa die Hälfte einer Rente steuerpflichtig. Geändert habe sich dadurch wenig, versichert die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 16/12576): "Auch nach dem Alterseinkünftegesetz hat die große Mehrheit der Rentner, die heute eine Rente beziehen und daneben keine wesentlichen anderen steuerpflichtigen Einkünfte haben, keine Steuern zu zahlen."