Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses
Die vom Bundesrat vorgesehene höhere Eigenbeteiligung an der Prozesskostenhilfe ist mit der Verfassung vereinbar. Dies betonte der Bonner Jura-Professor Christian Hillgruber in einer Anhörung zu einem entsprechenden Gesetzentwurf ( 16/1994) am Mittwoch, dem 14. November 2007. Die von der Länderkammer vorgesehenen Änderungen wahrten die Grenze des Existenzminimums. Sie führten lediglich dazu, dass diejenigen, deren Einkommen und Vermögen über das im Sozialhilferecht definierte Minimum hinausgingen, Prozesskostenhilfe künftig nur noch als zinsloses Darlehen erhielten. Dieses Darlehen hätten sie durch Zahlungen aus ihrem Einkommen und Vermögen vollständig zurückzuzahlen.
Auch Eberhard Stilz, Präsident des
Staatsgerichtshofs von Baden-Württemberg, betonte, der
Gesetzentwurf überschreite nicht die verfassungsrechtlichen
Grenzen. Die geäußerten Zweifel der Bundesregierung
teile er somit nicht. Ingesamt, so hob der Sachverständige
hervor, halte er eine Neufassung der Bestimmungen über die
Prozesskostenhilfe "nicht nur aus fiskalischen Erwägungen"
für angezeigt. Arbeitslosengeld II-Empfänger seien
überhaupt nicht betroffen. Für diejenigen, die mehr
verdienten, seien "maßvolle Erhöhungen" geplant. Die
stärkere Eigenbeteiligung leiste einen "Beitrag zum
Kostenbewusstsein".
Und Wolfram Viefhues, Richter am Amtsgericht
Gelsenkirchen, betonte, in Zeiten, in denen erhebliche finanzielle
Probleme bestünden, müsse es auch möglich sein, bei
der Prozesskostenhilfe diejenigen, die tatsächlich finanziell
leistungsfähiger seien, mit "angemessenen Eigenanteilen"
verstärkt zu belasten.
Ganz anderer Meinung war Helmut Büttner,
ehemaliger Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Köln: Der
Gesetzgeber müsse dafür Sorge tragen, dass auch die
Leute, die kein Geld hätten, in die Lage versetzt würden,
ihre Belange vor Gericht zu vertreten. Das sei nach der
vorgeschlagenen Lösung einer Mehrheit der Bundesländer
nicht mehr der Fall. Der Stellungnahme der Bundesregierung sei
deshalb nichts hinzuzufügen. Die Regierung hatte unter anderem
darauf verwiesen, dass keine Partei vor Gericht gezwungen werden
dürfe, ihr Existenzminimum einzusetzen.
Elmar Herrler, Vorsitzender Richter am
Oberlandesgericht Nürnberg und Mitglied des Präsidiums
des Deutschen Richterbundes, war der Meinung, es dränge sich
der Verdacht auf, dass mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht
nur die Kostenstruktur verbessert werden, sondern der Betroffene es
sich auch zweimal überlegen solle, ob er den Rechtsweg
beschreiten wolle. Problematisch werde dies, wenn eine Partei wegen
der finanziellen Belastung auch in einer für sie bedeutenden
Sache mangels Geld eher auf ihr Recht verzichte, als weitere
Einschränkungen ihrer Lebensführung
hinzunehmen.
Auch Udo Geiger, Richter am Sozialgericht Berlin, äußerte die Meinung, es solle bedacht werden, dass die geplanten Verschärfungen bei der Prozesskostenhilfe hilfebedürftige Bürger mit einem berechtigten Rechtschutzanliegen treffen würden.
Wilfried Hamm, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Potsdam, monierte, die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes gingen "eindeutig" zu Lasten der Rechtssuchenden. Es solle "aus rein kostenrechtlicher Betrachtung einem Teil der armen und bedürftigen Bevölkerung" die grundgesetzlich gewährleistete Rechtschutzmöglichkeit faktisch genommen werden.
Liste der Sachverständigen: