Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ganz einig waren sie sich nicht, die 24 Sachverständigen, ob das Stammzellgesetz von 2001 geändert werden soll. Doch in der siebenstündigen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwoch, dem 9. Mai 2007 machten viele auf Probleme aufmerksam, die Forschern durch die Regeln des Gesetzes entstünden. So waren alle Mediziner unter den Sachverständigen dafür, die Stichtagsregelung abzuschaffen und deutschen Forschern zu erlauben, an im Ausland geführten Projekten teilzunehmen, an denen Stammzellen verwendet werden, die in Deutschland nicht benutzt werden dürfen. Anlass für die Anhörung war ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion ( 16/383) zur Änderung des Stammzellgesetzes sowie ein Antrag der Liberalen ( 16/2837), mit dem die Forschung auf dem Gebiet der Regenerativen Medizin gestärkt werden soll.
Forscher, die im Ausland mit Embryonen arbeiten, sollen straffrei
bleiben
Im Gesetzentwurf fordern die Parlamentarier die Abschaffung des Stichtages, um deutschen Forschern neue Möglichkeiten zu eröffnen. Die Stichtagsregelung, die besage, dass für deutsche Forschung nur Embryonen verwendet werden dürften, die vor dem 1. Januar 2002 produziert wurden, sei nicht nötig, um zu vermeiden, dass Embryonen extra für die Stammzellforschung gezüchtet würden. Daneben solle das Gesetz so ausgestaltet werden, dass deutsche Forscher, die sich an Projekten im Ausland beteiligen, bei denen Embryonen verwendet werden, mit denen nach deutschem Recht nicht experimentiert werden dürfte, straffrei blieben. Ihren Antrag begründet die FDP damit, dass es nicht genug Spenderorgane gebe und Regenerative Medizin einen Beitrag zu medizinisch und sozial besseren sowie ökonomischeren Therapien leisten könnte.
Forschung mit Embryonen kann kranken Menschen helfen
Um Regenerative Medizin richtig einschätzen und einsetzen zu können, müssten aber auch Potenziale und Risiken beim Einsatz von Stamm- oder Vorläuferzellen geklärt werden. "Wenn Sie sehen, wie ein kranker Junge von Treffen zu Treffen weniger wird, und sie wissen, da sind die ganzen ungenutzten Stammzellen im Ausland, dann habe ich damit ein Problem." Mit dieser eindringlichen Aussage unterstrich Professor Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Biologie aus Münster seine Ablehnung, irgendeinen Stichtag für das Alter von Embryonen festzulegen. Er engagiere sich in vielen Interessengruppen kranker Menschen und sehe, wie notwendig die Forschung sei. Nach seiner Meinung würden die Zellen eines Embryos theoretisch ausreichen, um Forschern der ganzen Welt Material zu liefern. Jedoch seien ältere Zellkulturen bisher oft mutiert oder wüchsen nicht. Deshalb sei es sinnvoll, dass auch deutsche Forscher mit neueren, oft stabileren Zellen forschen dürften. Von seinen Kollegen erhielt er Unterstützung. "Nach fünf Jahren Stammzellgesetz stoßen wir an unsere Grenzen", sagte Professor Anthony Ho von der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Seine Ergebnisse aus der Forschung mit adulten Stammzellen hätten ihm gezeigt, dass diese Zellen schlechter zu verwenden seien als embryonale. Gegen eine Änderung des Gesetzes plädierte zum Beispiel Theologieprofessor Hille Haker von der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Die ethische Sachlage habe sich seit 2002 nicht geändert. Der Staat sei außerdem berechtigt, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Forscher zugunsten des moralischen Schutzes von Embryonen einzuschränken.