Öffentliche Anhörung des Innenausschusses, Teil II
Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Neuregelung des Asyl- und Ausländerrechts ( 16/5065) wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung im Innenausschuss am Mittwoch, dem 23. Mai 2007, deutlich. Diskutiert wurden dabei Änderungen in den Bereichen Staatsbürgerschaftsrecht, Integration und Datenschutz. Unterschiedliche Auffassungen gab es insbesondere über Integrationskurse, Einbürgerungstest und die Rücknahme der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche.
Lob für Gesetz
Martin Jungnickel, Leiter des Einbürgerungsdezernates Darmstadt, lobte das Gesetz als "grundsätzlich richtig". Positiv hervorzuheben sei, dass künftig der Einbürgerungsanspruch für Serien-Kleinkriminelle entfalle. Außerdem verhindere das Gesetz den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer EU-Staatsangehörigkeit, was bisher bei verfahrenstechnischen Fehlern des Antragstellers möglich war. Die Kritik an der Rücknahme der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche teile er nicht. Nur wer sich um einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz nicht bemühe sei davon betroffen.
Kritik an "Ausländerabwehrgesetz"
Dem widersprach Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Viele junge Erwachsene könnten die Anforderung, ihren Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zu bestreiten, nicht erfüllen. Dies liege jedoch nicht, wie von der Bundesregierung in der Gesetzbegründung unterstellt werde, am fehlenden Bemühen um Ausbildung und Beschäftigung. Vielmehr sei verschärfte Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt der Grund für die hohe Zahl ausländischer Staatsangehöriger ohne Berufsausbildung. Auch Mehmet Kilic, Vorsitzender des Bundesausländerbeirates, kritisierte das Gesetz. Mit hohen Vorraussetzungen wie qualifizierten Sprachkenntnissen und "Gesinnungstests" versuche man Einbürgerung zu erschweren und zu verhindern. Derartige Verschärfungen, so Kilic, beruhten keineswegs auf EU-Vorgaben, so Kilic, der von einem "Ausländerabwehrgesetz" sprach.
DGB bedauert Abkehr von bisheriger Integrationspolitik
Das Gesetz, so Volker Roßocha vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bedeute eine Abkehr von der bisherigen Integrationspolitik. Man wolle nach Bildungsstand und sozialer Herkunft selektieren, kritisierte er. Der DGB sehe die Einbürgerung als Bestandteil des Integrationsprozesses an, wogegen das Gesetz darin den Abschluss dieses Prozesses sieht. Das Gesetz enthalte erhebliche datenschutzrechtliche Verschlechterungen, kritisierte der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar. Immer mehr Daten würden erhoben, gespeichert und abgefragt. So würden bei einer Visabeantragung nicht nur die Bürgen, sondern auch "weitere Referenzpersonen" überprüft. Diese in hohem Maße unbestimmte Formulierung entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Normenbestimmtheit und Normenklarheit, so Schaar.
Integrationskurse erfolgreich - Gesetz verfassungsrechtlich und völkerrechtlich "in Ordnung"
Albert Schmid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bezeichnete die Geschichte der Integrationskurse als "Erfolgsgeschichte". Zwar gebe es auch dabei noch Optimierungsmöglichkeiten, doch müssten diese nicht per Gesetz geregelt werden. Ein erfolgreicher Einbürgerungstest, so Schmid, sei ein gutes Zertifikat auch für den Berufseintritt. Es sei allerdings nötig und sinnvoll, Sanktionen bei Nichtteilnahme an diesen Kursen zu verhängen. Aus verfassungsrechtlicher und völkerrechtlicher Sicht, so erklärte Professor Edzard Schmidt-Jorzig von der Universität Kiel, sei das Gesetz "in Ordnung". Auch wenn insbesondere in datenschutzrechtlicher Hinsicht Probleme vorhanden wären, sei mit verfassungsrechtlichen Beanstandungen nicht zu rechnen.