Experten nahmen in einer Anhörung des Umweltausschusses Stellung
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem für die Abscheidung, den Transport und die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid ein einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen werden soll, ist bei einer Anhörung des Bundestages am Montag, 25. Mai 2009, auf ein überwiegend positives Echo gestoßen. Unterschiedliche Auffassungen wurden hingegen zu der Frage geäußert, ob es sich bei dem Vorhaben zum Thema CCS (Carbon Capture Storage) um einen langfristigen Rechtsrahmen oder um zeitlich befristete Regelungen für Forschungsvorhaben handeln soll.
„Wir stehen an der Wiege eines neuen Rechtsgebiets“,
sagte Rechtsanwalt Dr. Dieter
Sellner im Hinblick auf den Regierungsentwurf (
16/12782). Er wies darauf hin, dass die
CCS-Technologie verschiedene Rechtsgebiete berühre, sodass ein
eigenes neues Gebiet entstehe. Nach seiner Auffassung bietet der
Entwurf eine gute Grundlage für eine geordnete Einführung
der neuen Technologie – nicht nur für Forschungsvorhaben
–, da das Gesetz hinsichtlich zentraler Fragen offen
gestaltet sei und künftigen Entwicklungen Rechnung getragen
werden könne.
Georg Erdmann, Professor und Leiter des Bereichs
Energiesysteme an der Technischen Universität Berlin, vertrat
die Ansicht, ein „zu sehr ins Detail gehendes Gesetz kann
mehr verhindern als stimulieren“. Er betonte, dass die
CCS-Technologie eine Option für klimafreundliche Kohle sei und
Deutschland dabei einen Spitzenplatz einnehmen könne.
Für das Deutsche Geoforschungszentrum begrüßte
Prof. Dr. Dr. Reinhard F.J.
Hüttl, dass das Gesetz größere
Forschungsvorhaben ermögliche. Auch Dr.
Felix Christian Matthes vom Öko-Institut
bezeichnete die Anlage des Gesetzes als Fachgesetz als
„angemessen und richtig“. Ein Forschungsgesetz allein
würde nicht weiterführen. Gleichzeitig wies Matthes
darauf hin, dass es bei der Debatte um CCS nicht allein um
Kohlekraftwerke, sondern auch um weitere Emissionen –
beispielsweise aus energieintensiven Betrieben – gehe.
Christoph Becker-Berke vom Energieversorger RWE
sagte, dass der Zeitplan für die Demonstrationsprojekte
für die CCS-Technologie sehr ambitioniert sei und sprach sich
dafür aus, noch in dieser Legislaturperiode einen
entsprechenden Rechtsrahmen zu beschließen.
Kritik am zeitlichen Ablauf des Gesetzgebungsverfahren
äußerte Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich
vom Sachverständigenrat für Umweltfragen. Er hob hervor,
dass sein Gremium nicht gegen die CCS-Technologie sei, aber
für hochwertige Forschung und Entwicklung eintrete. Seiner
Meinung nach sind in dem Gesetzentwurf noch zu viele Fragen wie
beispielsweise Deckungs- und Haftungsfragen offen.
Auch wisse man nicht, wie groß die Speicherkapazität
für CCS überhaupt sei und wie das Problem von
Nutzungskonkurrenzen präzise gelöst werden könne. Er
sprach sich daher für ein Demonstrationsanlagengesetz aus.
Horst Heuter vom Deutschen Gewerkschaftsbund
(DGB), erklärte, dass CCS nur eines von vielen
Klimaschutzinstrumenten sei und wies dabei darauf hin, dass CCS
noch nicht ausreichend geprüft und frühestens von 2020 an
einsetzbar sei.
Als „nicht akzeptabel“, „unkorrekt und
beliebig“ bezeichnete hingegen Karsten Smid
von Greenpeace den Gesetzentwurf, der wohl "durch das Parlament
gepeitscht werden solle". Probleme würden hinter windigen
Formulierungen versteckt. Smid kritisierte, dass der Begriff
„Kohlendioxid-Ablagerung“ durch den Begriff
„Speicherung“ ersetzt worden sei. Durch diese
Formulierung werde Kohlendioxid-Müll als Wirtschaftsgut
„umdeklariert“.
Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe wies
darauf hin, dass die EU-Richtlinien, die mit dem Gesetz in
deutsches Recht umgesetzt würden, die Anwendung der
CCS-Technologie lediglich als eine Option für den Klimaschutz
ansähen. Es sei daher Sache der Mitgliedstaaten zu
entscheiden, ob sie die CCS-Technologie anwenden wollen. Auch Baake
plädierte bei dafür, zuerst ein Erforschungs- und
Erprobungsgesetz zu schaffen.
Liste der geladenen Sachverständigen