Mitglieder und Vorsitz
In der 16. Wahlperiode gehörten dem Ausschuss, der nach Art. 45 des Grundgesetzes einzurichten ist und zu den großen Ausschüssen des Bundestages gehört, 33 ordentliche sowie 33 stellvertretende Mitglieder des Deutschen Bundestages an. Hinzu kamen 16 mitwirkungsberechtigte deutsche Mitglieder des Europäischen Parlamentes. Die Mitwirkung der Europaabgeordneten zählt zu den Besonderheiten des EU-Ausschusses. Vorsitzender des Ausschusses war von Beginn der Wahlperiode bis Mai 2007 Abg. Matthias Wissmann (CDU/CSU) und seit Juni 2007 Abg. Gunther Krichbaum (CDU/CSU). In der ersten Hälfte des Jahres 2007 hatte Deutschland den EU-Ratsvorsitz inne. Für den Europaausschuss, der während dieser Zeit auch Gastgeber der COSAC, der Konferenz der Europaausschüsse der Parlamente der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlamentes war, waren nicht nur die sechs Monate des Vorsitzes, sondern auch die Monate davor und danach eine besonders arbeitsintensive Zeit. Zahlreiche Gäste und Delegationen besuchten den Ausschuss, um über die Schwerpunktthemen der Präsidentschaft und andere, wichtige Vorhaben zu beraten.
Sitzungen und Anhörungen des Ausschusses
Der Ausschuss trat insgesamt zu 91 Sitzungen zusammen. Acht Sitzungen, davon zwei Anhörungen, waren öffentlich. Drei Sitzungen wurden gemeinsam mit dem Ausschuss für europäische Angelegenheiten der französischen Nationalversammlung durchgeführt. Der Ausschuss führte zwei auswärtige Sitzungen in Paris durch und eine gemeinsame Sitzung mit dem Bundesrat.
Beratungsgegenstände
Insgesamt befasste sich der Ausschuss mit 1733 Vorlagen, die ihm zu Beratung überwiesen worden waren und legte dem Plenum 33 Beschlussempfehlungen und Berichte vor. Der Ausschuss, der eng mit anderen nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU zusammenarbeitet und regelmäßig Kontakt pflegt zu den Institutionen auf europäischer Ebene, hat zahlreiche hochrangige Gäste und Delegationen (Gästeliste) zum Gedankenaustausch empfangen. Regelmäßig besuchten Delegationen des Ausschusses Regierung und Parlament des amtierenden Ratsvorsitzes und informierten sich über wichtige Vorhaben des Vorsitzes.
Schwerpunkte der Arbeit des Ausschusses waren die Erneuerung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union, die Erweiterung der Union um Bulgarien und Rumnänien sowie der Fortgang der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Kroatien, und die finanzpolitischen Perspektiven der Union. Neben zahlreichen wichtigen einzelnen Vorhaben befasste sich der Ausschuss auch mit institutionellen Fragen der Union, dem Haushalt der EU und der parlamentarischen Kontrolle der Europapolitik der Bundesregierung.
Vom Vertrag über eine Verfassung für Europa bis zum Reformvertrag von Lissabon
Bereits in der 15. Wahlperiode war die intensive Diskussion über die Reform der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union ein zentrales Thema der Beratungen und blieb es auch für die Dauer der 16. Wahlperiode. Der EU-Ausschuss, der federführend zuständig ist für die Beratung des Zustimmungsgesetzes, hat sich in 14 Sitzungen mit dem Vertragswerk befasst und zwei Anhörungen durchgeführt. Von der Reflexionsphase nach den ablehnenden Referenden 2005 in Frankreich und den Niederlanden über die Unterzeichnung der Berliner Erklärung bis zur Unterzeichnung des Vertrages von Lissabon im Dezember 2007 und schließlich bis zum Abschluss des Verfahrens über das Zustimmungsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht im Juni 2009 und die Überarbeitung der Begleitgesetzgebung hat der Ausschuss die Beratungen intensiv begleitet und mitgestaltet.
Die Erweiterung der Europäischen Union
2007 traten Bulgarien und Rumänien der Europäischen Union bei. Mit Kroatien und der Türkei wurden die Verhandlungen über den Beitrittsprozess fortgeführt. Der Ausschuss befasste sich regelmäßig mit dem Stand der Beitrittsverhandlungen und der Vorbereitungen, erörterte die von der Kommission vorgelegten Fortschrittsberichte und verfolgte die Auswirkungen der letzten Beitritte. Durch Delegationsreisen in die neuen Mitgliedstaaten und die Kandidatenländer sowie in Gesprächen mit Gästen aus den Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern machte sich der Ausschuss ein Bild von den Erfolgen und Herausforderungen für die weiteren Verhandlungen. Insbesondere befasste sich der Ausschuss auch mit den Auswirkungen dieser Prozesse auf Deutschland.
Die Parlamentarische Kontrolle der Europapolitik der Bundesregierung
Die Debatte über die Reform der vertraglichen Grundlagen der Union wurde stets und eng begleitet von einer Debatte über die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union. Zu Beginn der Wahlperiode verhandelten Bundestag und Bundesregierung über eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit in EU-Angelegenheiten. Diese Vereinbarung wurde im September 2006 geschlossen und ebnete den Weg für einen weiteren Ausbau der Beteiligungs- und Informationsrechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung. Der Ausschuss, der maßgeblich in die Verhandlungen einbezogen war, überwachte die Umsetzung der neuen Rechte und war im Rahmen der Erarbeitung der Begleitgesetzgebung zum Vertrag von Lissabon federführend zuständig für die Überführung der Vereinbarung in das Gesetz über die Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union. Der Ausschuss, der für die grundlegenden Fragen der Europapolitik regelmäßig federführend zuständig ist, befasste sich als mitberatender Ausschuss mit zahlreichen wichtigen Vorhaben auf europäischer Ebene aus unterschiedlichen Politikfeldern. Zum breit gefächerten Themenbereich gehörten Fragen der Energieversorgung und –sicherheit ebenso wie neue Entwicklungen im Bereich des europäischen Strafrechtes, binnenmarktbezogene Themen und institutionelle Entwicklungen wie die Einrichtung des Europäischen Technologieinstitutes, die Arbeit wichtiger Agenturen wie FRONTEX und die Vorbereitungen für einen Europäischen Auswärtigen Dienst.
Als festen Bestandteil seiner Tagesordnungen verfolgte der Ausschuss die Beratungen der Fachministertagungen auf europäischer Ebene und ließ sich von der Bundesregierung vor und nach den Tagungen des Rates in Brüssel berichten. Wiederholt unterrichteten die Bundeskanzlerin selbst und der Minister des Auswärtigen den Ausschuss über die Entscheidungen im Europäischen Rat.
Der Ausschuss und die Akteure auf europäischer Ebene
Dem Ausschuss gehören deutsche Mitglieder des Europäischen Parlamentes an. Sie sind mitwirkungsberechtigt, d.h. sie nehmen mit Rede- und Fragerecht an den Sitzungen des Ausschusses teil. So unterstützen den Informationsfluss zwischen beiden Parlamenten. Auch der Präsident des Europäischen Parlamentes besuchte Sitzungen des Ausschusses und informierte über anstehende Beratungen in Brüssel. Regelmäßig waren Mitglieder der Europäischen Kommission zu Gast im Ausschuss und berichteten über Initiativen der Kommission wie etwa das für die Justiz- und Innenpolitik wichtige Stockholmer Programm, die erneuerte Lissabon-Strategie, Fragen der Erweiterung oder das Thema der Sprachenvielfalt in der Union. In der Diskussion mit den Mitgliedern des Ausschusses ist stets Raum für kritische Nachfragen und eine intensive Beratung der Vorschläge. Je frühzeitiger und intensiver die Beratung stattfindet, umso größer sind die Gestaltungsspielräume und die Möglichkeiten der Einflussnahme. Zu einer guten Übung ist es deshalb auch geworden, dass sich der Ausschuss jeweils zu Beginn eines neuen Ratsvorsitzes vor Ort über die Schwerpunkte und das Arbeitsprogramm des Vorsitzes informiert und sich insbesondere mit den Europaausschüssen des Parlaments des Vorsitzlandes austauscht.
Gute interparlamentarische Beziehungen
Der Ausschuss pflegte gute Kontakte zu zahlreichen anderen nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten. Dies war mit Blick auf die neuen Kontrollrechte der nationalen Parlamente nach dem Vertrag von Lissabon sinnvoll und diente der besseren Vernetzung der Parlamente. Der Austausch mit Delegationen der Europaausschüsse anderer Mitgliedstaaten oder der Kandidatenstaaten war darüber hinaus ebenso wie das Gespräch mit Parlamentariern aus EU-Nachbarländern wichtige Informationsquelle und Forum für gemeinsame Beratungen. Die besonders engen deutsch-französischen Beziehungen spiegelten sich auch in der Arbeit des Ausschusses wider: in gemeinsamen, öffentlichen Sitzungen berieten die Europaausschüsse des Bundestages und der Assemblée nationale gemeinsame Anliegen und erarbeiten europapolitische Positionen. Im Rahmen des Weimarer Dreiecks trafen sich die Europaausschüsse des polnischen Sejm, der Assemblée nationale und des Bundestages und berieten über die Themen der europapolitischen Agenda.
Die COSAC
Die Konferenz der Europaausschüsse der Parlamente der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlamentes bietet einen besonderen Rahmen für den multilateralen Erfahrungs- und Gedankenaustausch der Parlamentarier. An den halbjährlichen Treffen nehmen auch Abgeordnete aus den Kandidatenländern teil. Die COSAC führte in Vorbereitung auf das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon zu ausgewählten Verordnungsvorschlägen Testläufe zur Subsidiaritätsprüfung durch und bot damit die Möglichkeit, das neue Verfahren praktisch zu erproben und sich über die gewonnenen Ergebnisse auszutauschen. Neben der Frage der parlamentarischen Mitwirkung in EU-Angelegenheiten befasste sich die COSAC mit aktuellen europapolitischen Themen wie Klimaschutz, Energie und den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Gemeinsam mit Vertretern des EU-Ausschusses des Bundesrates entsandte der EU-Ausschuss Delegationen zu den Konferenzen in der jeweiligen Ratspräsidentschaft: Großbritannien (2005), Österreich und Finnland (2006), Portugal (2007), Slowenien und Frankreich (2008) sowie Tschechien und Schweden (2009). In der Zeit des deutschen Ratsvorsitzes war der Ausschuss Gastgeber einer solchen Konferenz, die im Mai 2007 in Berlin stattfand.
Ausschusssitzungen: 91
davon
Ausschussdrucksachen, Überweisungen und Beschlussempfehlungen:
1002 Ausschussdrucksachen
überwiesene Dokumente: 1733 (BT-Drs. 528, Ratsdokumente 1005, EuB-EP 200)
davon
federführend an den Ausschuss
überwiesene Bundestagsdrucksachen.: 60,
davon 49 erledigt und 11 unerledigt, 10 Gesetzentwürfe
federführend an den EU-Ausschuss
überwiesene Ratsdokumente: 167,
davon 163 erledigt und 4 nicht erledigt
federführend an den EU-Ausschuss
überwiesene EUB-EP: 47,
davon 46 erledigt und 1 nicht erledigt
mitberatend an den EU-Ausschuss
überwiesene Bundestagsdrucksachen: 468
(80 Gesetzentwürfe), davon 453 erledigt und 15 nicht
erledigt
mitberatend an den EU-Ausschuss
überwiesene Ratsdokumente:
838 davon 808 erledigt und 30 nicht erledigt
mitberatend an den EU-Ausschuss überwiesen
EUB-EP: 153,
davon 141 erledigt und 12 noch nicht erledigt.
Themenschwerpunkte unter anderem: