Nein, konkrete Pläne für eine Reise hat Lothar Mark gerade nicht - dass er aber auch in den kommenden Monaten ein Flugzeug Richtung Südamerika besteigen wird, ist ausgemacht. "Dann geht es mit Sicherheit nach Argentinien, Chile, Uruguay und Paraguay", erzählt er mit leuchtenden Augen, "und dort treffe ich dann Parlamentarier, Regierungsvertreter und Angehörige verschiedener Nichtregierungsorganisationen zum Erfahrungsaustausch." Das alles mit dienstlichem Auftrag: Der 62-jährige Sozialdemokrat ist Lateinamerika-Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der Deutsch-Mexikanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages.
Dass er irgendwann dieses Amt ausüben würde, hatte er zu Beginn seiner Bundestagskarriere 1998 nicht geahnt. "Ich war zunächst im Auswärtigen Ausschuss für meine Fraktion Berichterstatter für Lateinamerika und die Karibik. Damals stellte man fest, dass man das Thema über längere Zeit etwas vernachlässig hatte - und so wurde ich Beauftragter. Aber ehrlich gesagt, hätte ich das damals auch für jede andere Region werden können." Mark hatte keine Affinität zu einem bestimmten Land oder Kontinent. "Ich war einfach durch mein Studium ,vorbelastet' - ich bin Geologe und Historiker. Zu Lateinamerika hatte ich nur insofern eine Beziehung, als ich einmal eine Seminararbeit über ,Vulkanisierung und Subduktion in den Anden' geschrieben habe."
Inzwischen ist Mark bekennender Lateinamerika-Fan. "Dieser Kontinent ist uns unwahrscheinlich nah, obwohl er doch so weit entfernt ist. Ich sehe, dass wir zu den Lateinamerikanern eine große kulturelle, politische und auch religiöse Nähe haben." Der ehemalige Studiendirektor und frühere Bürgermeister von Mannheim, der heute Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestags ist, bemüht sich deshalb unermüdlich um den Dialog mit den südamerikanischen Staaten. "Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika und der Karibik umfassen 2,3 Prozent unseres Außenhandels - so viel Austausch haben wir auch mit der Schweiz. Es ist doch völlig klar, dass es hier noch unendlich viele Möglichkeiten zum Ausbau der Beziehungen gibt."
Doch Mark, der neben seinen zahlreichen parlamentarischen Verpflichtungen ehrenamtlich auch Vizepräsident der Deutsch-Bolivianischen Gesellschaft ist, glaubt, dass dabei viele Chancen nicht genutzt werden. Zu oft sei der Dialog zwischen Europa und Lateinamerika abgebrochen worden, weil einige der neuen Staatschefs des Kontinents - etwa in Venezuela und Bolivien - zu Unrecht als Linkspopulisten abgetan worden seien. Man habe sie in die Ecke gestellt und sich dann darüber gewundert, dass sie sich trotzig verhalten hätten. "Ich habe mich lange mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez unterhalten und bin mir sicher, man hätte ihn in unser Demokratieverständnis einbinden können. Der Volksentscheid über die Verfassungsreform in Venezuela hat auch Kritikern deutlich gemacht, dass das Land eine intakte Demokratie ist. Dass George Bush Chávez zum Gegner erklärt hat, ist meiner Ansicht nach eine völlig verfehlte Politik."
Verfehlte Politik, das ist etwas, über das Lothar Mark sich spürbar ärgern kann. Er will Fehler vermeiden helfen - und kann sich auch deshalb nicht vorstellen, sich in absehbarer Zeit ins Privatleben zurückzuziehen. Wenn seine Partei ihn nominiere, würde er gern 2009 noch einmal zur Wahl antreten. Fast wirkt er ein bisschen trotzig, wenn er sagt: "Wir haben ja gerade erst im Parlament beschlossen, dass die Menschen erst mit 67 in Rente gehen sollen - dann muss man auch akzeptieren, dass das auch für Politiker gilt. Wenn die mit über 60 noch rüstig und fit sind, spricht doch nichts dagegen, dass sie weitermachen."
Weitermachen wird nach Ansicht des Mannheimers auch die Große Koalition - trotz aller Schwierigkeiten. Denn Mark fühlt sich klar an den Auftrag seiner Wähler gebunden: "Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen kein Verständnis dafür hätten, wenn wir nicht in der Lage wären, gemeinsam Politik zu gestalten."