Die Telekom hat ihr missliebige Journalisten bespitzeln lassen, sie hat deren Telefondaten ausgeforscht, hat die eigenen Aufsichtsräte kontrolliert, um herauszufinden, mit wem sie wann telefoniert haben. Sie hat sogar Bewegungsbilder erstellen lassen, um zu erfahren, welcher Journalist mit welchem Aufsichtsrat in Verbindung getreten ist. Man hat sich dafür der eigenen Ressourcen bedient, der Telefondaten, die im Unternehmen drei Monate gespeichert wurden, bis die Rechnung erstellt war.
Die Herren aus dem Vorstand, die das zu verantworten haben, haben sich über alles hinweggesetzt, was als Grundausstattung der Demokratie gilt: das Post- und Fernmeldegeheimnis, den Datenschutz, selbst das Vertrauensverhältnis zwischen der Firma Telekom und ihren Kunden, die darauf vertrauen, dass mit ihren Daten kein Schindluder getrieben wird. Die Herren haben mal eben König gespielt - als wenn sie in einem absolutistischen Staat lebten und nicht in einer von fein austarierten Regeln lebenden Demokratie.
Der Schnüffelskandal ist nicht nur der GAU für die Telekom, er erschüttert das Grundvertrauen der Bürger. Es ist genau das eingetreten, was Pessimisten schon immer prophezeit haben: Wer Daten hat, wird sie missbrauchen. Wer Macht hat, setzt sie ein. Dieses Misstrauen infiziert das ganze Staatswesen. Es wird kaum mehr ein Unterschied gemacht werden zwischen dem akribischen, demokratischen Ringen um bessere Möglichkeiten der Terrorabwehr und dem selbstherrlichen, ja kriminellen Eingriff der Telekom in die ihr anvertrauten Telefondaten. Bisher konnte man den großen Bruder, den Orwell in seinem Roman "1984" als allwissenden Staat beschrieben hat, noch als Schimäre abtun - nun erscheint dieses Schreckgespenst einer Mehrheit der Bürger als ganz real.