Der Finanzausschuss des Bundestages hat die Beratung einer EU-Vorlage verweigert, weil Teile des Textes nur in englischer Sprache vorlagen. Warum haben Sie nicht beraten?
Zu Beginn der Legislaturperiode haben wir im Finanzausschuss fraktionsübergreifend eine Vereinbarung getroffen. Die lautet: Wir beraten EU-Vorlagen erst dann abschließend, wenn sie in deutscher Sprache vorliegen. Damit verbinden wir zwei wichtige Botschaften an die EU-Kommission. Erstens: Die nationalen Parlamente können ihre Mitwirkungsrechte an der Rechtsetzung der EU nur wahrnehmen, wenn beratungsrelevante EU-Dokumente rechtzeitig und vollständig in ihrer Muttersprache vorliegen. Und zweitens: Eine aktive Teilnahme der deutschen Bevölkerung und ihre Identifikation mit Europa setzt voraus, dass sie versteht, wie und was in der EU beraten und entschieden wird.
Deutsch ist nach der internen Festlegung der EU neben Englisch und Französisch Arbeitssprache. Kommt nicht jede Vorlage mindestens in den Arbeitssprachen in den Bundestag?
Nein, das ist leider nicht der Fall. Im Gegenteil: Es kommt häufiger vor, dass die EU-Kommission ihre Dokumente unvollständig oder gar nicht ins Deutsche übersetzt. Der Finanzausschuss musste die Kommission daher mehrfach bereits um nachträgliche Übersetzungen ins Deutsche bitten. Auch diese Nachübersetzungen hat die EU-Kommission bislang abgelehnt.
Wie groß ist das Problem mit fremdsprachigen Texten im Bundestag?
Ich halte es für eine Beeinträchtigung der Beratungsfähigkeit des Bundestages und seiner Ausschüsse, wenn EU-Dokumente nicht rechtzeitig in deutscher Sprache vorliegen. Und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine da. Fraktionsübergreifend sind wir uns im Bundestag einig: Die EU-Kommission muss ihre Übersetzungsstrategie zügig überarbeiten. Das haben wir zuletzt im Oktober mit einem gemeinsamen Antrag im Deutschen Bundestag deutlich gemacht. Auch andere EU-Mitgliedstaaten monieren die Übersetzungspraxis der EU-Kommission.
Wie verhalten sich andere Ausschüsse?
Der Haushaltsausschuss verfährt mit unvollständig übersetzten EU-Dokumenten wie wir im Finanzausschuss: Die Beratung wird vertagt.
Was können Sie machen? Schließlich ist Absetzen auf Dauer auch keine Lösung.
Das ist richtig. Ebenso wenig wäre es aber richtig, wenn wir von unserer Vereinbarung jetzt abrücken. Die EU-Kommission muss wissen, dass es uns ernst ist mit unserem Anliegen. Ich bin daher froh, dass auch die Bundesregierung das Anliegen des Deutschen Bundestages unterstützt und sich für eine zügige Überarbeitung der Übersetzungsstrategie der EU- Kommission einsetzt.
Die Fragen stellte
Hans-Jürgen Leersch