FINANZEN
Ausgelagerte Zweckgesellschaften sollen den Kreditmarkt wieder in Schwung bringen
Ohne Moos nichts los, weiß der Volksmund schon lange, und diese Erfahrung muss jetzt auch die Wirtschaft machen. Ausgerechnet bei den Banken ist das Geld knapp. Anleihen von Lehman und anderen Emittenten, die das Papier nicht mehr wert sind, auf dem sie gedruckt wurden, liegen in den Kellern und belasten die Bilanzen. "Mittlerweile sind selbst Staatsanleihen in ihren Kursen so gefallen, dass sie die Eigenkapitalbasis der Banken deutlich einschränken und damit eine Kreditvergabe in Schwierigkeiten kommen kann", umriss Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, am 28. Mai im Bundestag das Problem.
Die Lösung sieht die Koalition von Union und SPD in der Einrichtung von "Bad Banks", die Schrottpapiere und toxischen Anleihen aufnehmen sollen. Nach Schätzungen geht es um Papiere im Nominalwert von 200 Milliarden Euro.
Das System funktioniert - stark verkürzt dargestellt - wie eine Blutwäsche. Die toxischen Papiere gehen an die "Bad Bank". Die gibt neue Papiere heraus und an die Banken zurück. Da die neuen Papiere mit staatlichen Garantien versehen sind, werden aus "Gift" "Vitamine", die die Wirtschaft wieder kräftigen sollen.
In dem von CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung ( 16/13156) heißt es, die Banken könnten problematische Wertpapiere mit einem Abschlag vom Buchwert (zehn Prozent) an Zweckgesellschaften (Bad Banks) übertragen. Eine Pflicht zur Gründung dieser Zweckgesellschaften sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Unternehmen, die solche Zweckgesellschaften gründen und toxische Papiere auslagern, sollen von der Zweckgesellschaft im Gegenzug staatlich garantierte Schuldverschreibungen erhalten, so dass keine Bewertungsrisiken in den Bilanzen mehr auftreten können.
Für die Garantie auf die Schuldverschreibungen müssen die Kreditinstitute oder Finanzholdings eine Gebühr an den Staat bezahlen. Außerdem müssen die Banken den Zweckgesellschaften mindestens 20 Jahre lang einen Ausgleichsbetrag zahlen, um deren Verluste auszugleichen. Der Entwurf wurde zusammen mit einer Reihe von FDP-Gesetzentwürfen zum Finanzmarkt ( 16/12884, 16/12885, 16/12904, 16/12996) an die Ausschüsse überwiesen. Für die SPD-Fraktion sei es wichtig gewesen, dass es keine zentrale "Bad Bank" geben werde, sondern jedes Institut sei für die Auslagerung und die Verluste selbst verantwortlich, erklärte Schneider in der Debatte. "Es fließen keine weiteren Steuergelder", freute sich der SPD-Politiker.
Für Florian Toncar (FDP) kommt der Entwurf schon fast zu spät. Er forderte eine Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle. Wie Schneider wies auch Toncar darauf hin, dass der Entwurf keine Lösungen für die Landesbanken enthalte. Carl-Ludwig Thiele (FDP) erinnerte an die Verantwortlichkeiten für die Krise. Es sei ein "Skandal", dass die jetzt vor der Übernahme durch den Staat stehende "Hypo Real Estate" (HRE) nicht der Bankenaufsicht unterlegen habe.
Steffen Kampeter (CDU) bezeichnete Bankenrettung als Bürgerrettung. Jeder sei auf ein funktionierendes Bankensystem angewiesen. Im Finanzsystem gebe es aber kein Vertrauen mehr. "Dieses Vertrauen wieder herzustellen, ist das Gebot der Stunde." Kampeter sagte, der Bilanzschrott habe sich "wie ein Krebsgeschwür" bei den Banken eingefressen. "Wir müssen das Problem lösen", forderte Kampeter. Die Bad Banks bezeichnete er als Beiboote, die ausgesetzt würden, damit das eigentliche Schiff wieder in Fahrt komme. Wie Schneider wies auch Kampeter darauf hin, dass letztlich die Aktionäre für die Kosten aufzukommen hätten und nicht der Steuerzahler. Für Barbara Höll (Die Linke) ist die deutsche Politik mitverantwortlich für die weltweite Finanzkrise, weil sie die Deregulierung der Finanzmärkte betrieben und 2004 Hedgefonds zugelassen habe.
Der Entwurf sei eine Mogelpackung, denn da es keinen Zwang zur Offenlegung der toxischen Papiere gebe, wisse niemand, wie groß der Rest an Schrottpapieren sei, der in den Bilanzen bleibe. Den Banken werde Geld gegeben, aber verlangt werde von ihnen nichts. "Was Sie vorgelegt haben, wird nicht die Krise beheben. Das funktioniert nicht", so die Abgeordnete. Alexander Bonde (Grüne), kritisierte, dass die Bundesregierung sowohl beim Haushalt als auch bei der Finanzmarktgesetzgebung ständig nachbessern müsse.
Bonde kritisierte, dass es keine Pflicht zur Teilnahme an Rettungsmaßnahmen gebe, sondern die Banken gefragt würden, ob sie gerettet werden wollten. Er griff das Bild von Kampeter auf: "Ich kenne keinen Arzt, der das Krebsgeschwür fragt: Wie hätten Sie es denn gern?"