JUBILÄUM
Seit 40 Jahren gibt es den Sportausschuss. Seitdem wird über die Spitzensportförderung gewacht und gegen Doping angekämpft. Und das zumeist mit- statt gegeneinander
Es war der 1. März 2006. Die deutsche Fußballnationalmannschaft hatte gerade ein Vorbereitungsspiel gegen Italien deutlich mit 1:4 verloren. Panik machte sich breit - genau 100 Tage vor der Eröffnung der Weltmeisterschaft im eigenen Land schien das Team von Bundestrainer Jürgen Klinsmann nicht wettbewerbsfähig zu sein. Was tun? Der Boulevard vermeldete: "Klinsmann soll vor den Sportausschuss!" Politiker hätten gefordert, der Coach solle dem Gremium erläutern, wie er sein Team noch in Fahrt zu bringen gedenkt.
Der Ausschussvorsitzende Peter Danckert (SPD) kann sich noch gut daran erinnern. "Da haben ein paar Journalisten die Ausschussmitglieder angerufen und gefragt, ob der Klinsmann nicht mal vor den Ausschuss müsse. Die meisten haben gleich gesagt: Das ist Quatsch. Irgendwann haben sie dann ein stellvertretendes Mitglied beim Skiurlaub in den Alpen auf der Piste erreicht und der hat gesagt: Ja, das sollte man machen. Und so entstand dann die Schlagzeile." Mag diese auch weitgehend einer Grundlage entbehren, macht sie doch eines deutlich: Der Sportausschuss wird öffentlich wahrgenommen. Ihm wird Entscheidungsbefugnis zugebilligt - auch in so diffizilen Fragen, wie jenen nach einem Erfolgskonzept für das Nationalteam.
Als der Ausschuss im Jahre 1969 auf Wunsch des damaligen Innenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) sowie aller im Bundestag vertretenen Fraktionen eingesetzt wurde, hieß er noch "Sonderausschusses für Sport und Olympische Spiele". Schließlich sollte drei Jahre später in München die Sommerolympiade stattfinden. Es ging um die parlamentarische Begleitung der Spiele, um die Vorbereitung des Teams und um die Überwachung der Bauten. Und es ging - damals wie heute - auch um die Kontrolle der Sportfördergelder. Allein im Olympiajahr 1972 flossen über 330 Millionen Mark an Steuergeldern in die Sportförderung.
Erst in der folgenden Wahlperiode wurde aus dem Sonderausschuss ein regulärer Ausschuss. Einer, in dem immer ein besonderes Klima geherrscht hat und heute noch herrscht. Die Bezeichnung des Ausschusses als "Fraktion Sport" mache das besondere Verhältnis zwischen den Mitgliedern deutlich, sagt auch Ferdinand Tilmann (CDU) - von 1980 bis 1994 Vorsitzender des Sportausschusses. "Im Grunde genommen haben wir uns über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg immer gut verstanden." Bei aller Einigkeit gibt es aber auch Unterschiede.
Den Kampf gegen Doping haben sich alle Fraktion auf die Fahne geschrieben. Ob und wenn ja welche gesetzlichen Regelungen dazu nötig sind, wird unterschiedlich bewertet. Dass der Sport eine hohe gesellschaftliche Relevanz in Deutschland hat, bestätigt jedes Ausschussmitglied. Ob er deswegen als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden sollte, bleibt umstritten.
Auch wenn sich der Sportausschuss vorrangig um die Belange des Spitzensports kümmern will, fehlt in der Diskussion selten der Verweis auf den Freizeit- und Breitensport. Vereinssport zu fördern, das Ehrenamt im Sport zu stärken, aber auch den Schulsport zu verbessern sind Aufgaben, denen sich der Ausschuss schon seit Jahren widmet. Auch der Behindertensport ist Thema im Ausschuss. Als Beleg für die hohe Wertschätzung mag gelten, dass der Bundestag - darunter auch Mitglieder des Sportausschusses - mit einer gleichstarken Abordnung die Olympischen Spiele wie auch die Paralympics 2008 in Peking besucht hat.
In der kommenden Wahlperiode wird ein Thema den Ausschuss beschäftigen, mit dem sich gewissermaßen ein Kreis schließt. Die bayerische Landeshauptstadt München bewirbt sich um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele im Jahr 2018 - nach den gescheiterten Initiativen von Berlin und Leipzig ein erneuter Versuch, den olympischen Geist nach Deutschland zu holen. In dieser Woche wird der Bundestag über einen von den Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion eingebrachten Antrag ( 16/13481) entscheiden, der eine Förderung und Unterstützung der Bewerbung fordert. So könnte ein Jahr vor dem fünfzigsten Jubiläum des Sportausschusses erneut München Schauplatz Olympischer Spiele werden.