Koalitionsverhandlungen
BaFin soll Kompetenzen an Bundesbank abgeben
Kaum hatten die Koalitionsverhandlungen begonnen - schon gab es das erste Ergebnis. Am 7. Oktober einigten sich die drei Parteien CDU, CSU und FDP darauf, dass die Bankenaufsicht künftig bei der Deutschen Bundesbank konzentriert werden soll.
Bisher teilen sich die Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) diese Aufgabe. Einig sind sich die Koalitionäre, dass die Bundesbank demnächst alleine die Banken kontrolliert. Umstritten ist noch, ob dies auch für die Versicherer gelten wird.
Nach der Vereinbarung soll die Bundesbank künftig im Tagesgeschäft und bei organisatorischen Fragen entscheiden. Sie hätte die volle personelle und organisatorische Verantwortung. Wenn es aber im Notfall um die Zwangsabsetzung eines Bankenvorstands oder gar die Schließung einer Bank geht, soll das Finanzministerium ein Recht zum Widerspruch bekommen. Die Unabhängigkeit der Bundesbank bleibe gewahrt, sagten Thomas de Maizière (CDU) und Hermann Otto Solms (FDP) nach achtstündigen Beratungen. Details zu den Plänen wird der Koalitionsvertrag laut de Maizière noch nicht enthalten. So ist der Zeitplan ebenso wie die Zahl der betroffenen Stellen offen. Die neue Bundesregierung und das Parlament müssen den Plänen noch zustimmen. Die Reform würde die Rolle der Bundesbank deutlich stärken. Die Behörde hat durch die Gründung der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Jahren an Einfluss verloren und musste Stellen streichen.
Mit rund 10.000 Mitarbeitern ist die Bundesbank in Frankfurt deutlich größer als die Bonner BaFin, die 1.700 Beschäftigte zählt.
Die BaFin ist bislang für die Kontrolle des Versicherungs- und Wertpapierbereichs alleine zuständig. Die Bankenaufsicht teilt sie sich mit der Bundesbank. In der Finanzkrise waren Vorwürfe laut geworden, die BaFin kontrolliere die Banken zu lasch. Der Vorstand der Bundesbank hat sich bereits auf ein Modell zur kompletten Übernahme der Bankenaufsicht verständigt. Danach soll die Aufsicht voll in die Bundesbank integriert und die BaFin nicht als Anstalt an die Bundesbank angedockt werden.
Skeptisch gegenüber den Plänen zeigten sich Sprecher der künftigen Opposition, zu der auch die SPD gehören wird. So sieht der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Alexander Bonde zwar Reformbedarf, hält aber eine Zerfledderung der Allfinanzaufsicht für nicht sinnvoll. "Wie die Bankenaufsicht bei der Bundesbank organisiert werden soll ohne die Unabhängigkeit der Bundesbank zu belasten, ist noch völlig unklar", betonte er. Für den finanzpolitischen Sprecher der Linksfraktion, Axel Troost, täuscht die "erneute Umorganisation der Finanzaufsicht Aktivität vor, wo in Wahrheit der Wille zu durchgreifenden Veränderungen fehlt". Statt die Finanzaufsicht immer wieder umzustrukturieren, sollte die Regierung ihr endlich die Mittel in die Hand geben, um frühzeitig und wirkungsvoll gegen unverantwortliche Spekulanten vorgehen zu können.
"Das HRE-Desaster hat gezeigt, dass BaFin und Bundesbank Erkenntnisse austauschen, aber kaum eingreifen konnten. Mit der Konzentration der Aufsicht bei der unabhängigen Bundesbank will sich Schwarz-Gelb der Verantwortung für eine durchgreifende Regulierung des Bankensektors entziehen. Ohne Durchgriffsrechte hätte indes auch die Bundesbank die HRE-Pleite nicht verhindern können", sagte Troost.
Laut de Maizière und Solms besteht Einvernehmen über die Finanzlage des Bundes. Danach gibt es in den kommenden vier Jahren ein Konsolidierungsbedarf von rund 30 Milliarden Euro. Ausgerechnet zu Beginn der Gespräche eröffnete die EU-Kommission das Defizit-Verfahren gegen Deutschland wegen rasant steigender Staatsschulden.