AUSSENPOLITIK
Die schwarz-gelbe Koalition setzt vorsichtig neue Akzente
Die schwarz-gelbe Regierung setzt auf Kontinuität in der deutschen Außenpolitik. Wie der außenpolitische Teil des Koalitionsvertrages zeigt, ist auch nach dem Ende der großen Koalition nur mit geringen Veränderungen zu rechnen. "Sicherer Frieden" ist diese Passage des 130-seitigen Papiers überbeschrieben und betont gleich zu Beginn die gestaltende Rolle Deutschlands in den Bündnissen und internationalen Organisationen. Die Koalitionspartner bekennen sich zu einer demokratischen, transparenten und bürgernahen EU, zur Nato als stärkstem Anker der gemeinsamen Sicherheit und zur Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft. Dabei wird die "Idee des Westens" als "Grundlage und seine Institutionen als Plattform deutscher Außenpolitik" auch in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts betont. Auch das Eintreten für die Menschenrechte in der Außen- und Entwicklungspolitik wird hervorgehoben.
In einzelnen Formulierungen werden leichte außenpolitische Akzentverschiebungen deutlich. So ist in der Beziehung zu Russland nicht mehr von "strategischer Partnerschaft", wie noch im Koalitionsvertrag von 2005 zwischen CDU/CSU und SPD die Rede. Das Land wird nun nur noch "als wichtiger Partner bei der Bewältigung von regionalen und globalen Herausforderungen" bezeichnet. "Die berechtigten Interessen unserer Nachbarn werden wir bei der Gestaltung unserer bilateralen Beziehungen mit Russland berücksichtigen", heißt es in Abgrenzung zur SPD-Ostpolitik, die Russland stärker in den Mittelpunkt stellte.
Bei vielen außenpolitisch heiklen Themen bleibt der Koalitionsvertrag auffallend vage, beispielsweise bei der Frage des Abzugs deutscher Soldaten aus Afghanistan. Hinsichtlich der Zukunft der EU plädieren die Regierungspartner für eine "Erweiterungspolitik mit Augenmaß". Während sich im Koalitionsvertrag von 2005 noch ein ausdrückliches Bekenntnis zur europäischen Perspektive für die Staaten des Westbalkan fand, werden sie im neuen Papier nicht mal mehr erwähnt. Die Beziehungen zum Südkaukasus, zu Belarus, den zentralasiatischen Staaten oder zur Ukraine finden sich anders als 2005 in keiner Zeile wieder. Stattdessen heißt es nur allgemein: "Auf der Grundlage gemeinsamer Werte treten wir für einen Ausbau der Zusammenarbeit mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft ein."
Allein die Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen zur Türkei wird ausdrücklich genannt. Die FDP hat nach eigenen Angaben verhindern können, dass sich das Unions-Konzept einer "privilegierten Partnerschaft" mit der Türkei an dieser Stelle durchsetzen konnte. "Die 2005 mit dem Ziel des Beitritts aufgenommenen Verhandlungen sind ein Prozess mit offenem Ende, der keinen Automatismus begründet und dessen Ausgang sich nicht im Vorhinein garantieren lässt", steht nun im Vertrag. Die FDP schließt einen EU-Beitritt der Türkei nicht aus, sollte das Land alle Auflagen eines Tages erfüllen.
Auffallend ist, dass sich die neue Regierung zur besonderen Verantwortung Deutschlands "gegenüber Israel als jüdischem Staat" bekennt, was von der Formulierung im alten Koalitionsvertrag deutlich abweicht. Dort hatte es noch neutraler geheißen, man bekenne sich zur besonderen "Verantwortung für Israel", was berücksichtigte, dass in dem Land mehr als eine Million arabischer Israelis leben. Die FPD propagiert außerdem die Idee eines Verhandlungsansatzes für den Nahen Osten nach dem Vorbild des KSZE-Prozesses. Das findet sich auch im Koalitionspapier.