Miserable Menschenführung. Trend zum Staat im Staat. Eine Armee mit den Waffen von morgen, erzogen im Geiste von gestern: Die Kritik an der Bundeswehr, die der Wehrbeauftragte Hellmuth Heye (CDU) im Sommer 1964 äußerte, hatte es in sich. Skandalöser war jedoch der Weg, den der Vizeadmiral a.D. wählte, um seinen Vorwürfen Ausdruck zu verleihen: In einer Illustrierten wandte er sich an die deutsche Öffentlichkeit.
Schon im Wehrbericht 1963 warnte Heye vor der harten Gangart einiger Führungskräfte in der Bundeswehr. Vorausgegangen war dem Bericht die sogenannte "Nagold-Affäre", bei der ein Soldat an den Folgen eines Gewaltmarsches starb und mehrere Ausbilder wegen Misshandlung zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Der Jahresbericht wurde dennoch - wie damals üblich - im Bundestag ohne Aussprache zur Kenntnis genommen.
Heye fühlte sich vom Parlament überhört und reagierte: In einer dreiteiligen Artikelserie mit dem Titel "In Sorge um die Bundeswehr" in der Illustrierten "Quick" erhob er schwere Vorwürfe gegen die Innere Führung der Streitkräfte. Die Regierung distanzierte sich prompt: "Die Bundesregierung lehnt die Verallgemeinerung von Verstößen Einzelner ab", hieß es in einer Pressemitteilung. Nach anhaltender Kritik an seinem Vorgehen bat Heye am 10. November 1964 um seine Entlassung. Im Nachhinein aber hat Heye einen Sieg davongetragen: 1965 wurde dem Wehrbeauftragten das Recht zugesprochen, bei der Beratung seiner Berichte im Plenum das Wort zu ergreifen, wenn dies eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten verlangen.