Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses
Geteilter Meinung waren die eingeladenen Sachverständigen
über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (
16/6140), mit dem das Recht für
Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) modernisiert
werden soll.
Bei einer Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwoch, dem
23. Januar 2008, erklärte Jürgen
Möllering vom Deutschen Industrie- und
Handelskammertag: "Der Entwurf erfüllt unsere Erwartungen".
Nach den Erfahrungen mit Existenzgründern könne man
sagen: Die längsten Verzögerung bei der Gründung
einer GmbH entstünden beim Handelsregister und beim Notar.
Möllering regte an, darüber nachzudenken, ob eine
Anmeldung auch online
möglich sein könne. Für Existenzgründer wie
für Gesellschafter von bestehenden GmbHs seien zahlreiche
Verbesserungen mit dem Entwurf verbunden, so Möllering weiter.
Positiv sei auch die geplante Option, mit einer Mustersatzung eine
schnelle und umkomplizierte Gesellschaftsgründung zu
ermöglichen.
Ebenso begrüßte Professor Marcus
Lutter, Sprecher des Zentrums für europäisches
Wirtschaftsrecht der Universität Bonn, den Regierungsentwurf.
Das Gesetz habe in den 27 Jahren seit der letzten
größeren Reform durch Rechtsprechung und Praxis
"Schlacken" angesetzt. Vor allem aber stehe die GmbH im Wettbewerb
mit ausländischen Rechtsformen, insbesondere der englischen
"Limited", und müsse in
diesem Wettbewerb gestärkt werden.
Eine "ausgesprochen gelungene Lösung" nannte auch
Professor Barbara Grunewald, die den Lehrstuhl
für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht an der
Universität zu Köln innehat, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung. Die Planung, das Mindestkapital zur Gründung
einer GmbH von 25.000 Euro auf 10.000 Euro zu senken, hielt sie
für richtig. Untersuchungen hätten ergeben, dass gerade
das hohe Mindestkapital Gründer davon abhalte, die deutsche
GmbH zu wählen. Auch Aspekte des Gläubigerschutzes
verlangten keine höhere Festsetzung des Mindestkapitals.
Grunewald lobte auch den Ansatz, künftig die Gründung
einer GmbH ohne notarielle Beurkundung möglich zu
machen.
Professor Wulf Goette, Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof, bescheinigte dem Regierungsentwurf, er ergreife
die Gelegenheit, Ballast abzuwerfen und zu modernisieren. Er
unternehme den Versuch, die Stellung der GmbH national und auch im
internationalen Wettbewerb zu stärken. Goette kritisierte
allerdings die vorgeschlagene Mustersatzung. Diese werde mit ihrer
"unflexiblen Starrheit" dem Deregulierungsziel "nur sehr
eingeschränkt gerecht". Goette prophezeite außerdem, der
Verzicht auf einen Notar werde die Zahl der Insolvenzen
vergrößern.
Grundsätzlich begrüßenswert nannte auch
Professor Peter Jung von der Universität
Basel den Entwurf. Positiv zu bewerten sei etwa die Abkoppelung der
Handelsregistereintragung von verwaltungsrechtlichen Genehmigungen.
Hierdurch werde eine erfreuliche Beschleunigung des
Gründungsverfahrens erreicht. Demgegenüber werde die
Bedeutung des auf dem deutschen GmbH-Recht lastenden
Wettbewerbsdrucks überschätzt. Zu vermuten sei, dass die
britische Limited "den Zenit
ihrer Popularität bei deutschen Unternehmensgründern"
bereits überschritten habe. Der vermeintliche Druck durch den
Wettbewerb der europäischen Gesellschaftsrechtsgesetzgeber
sollte nicht dazu Anlass geben, jedem Wunsch nach einer
Liberalisierung nachzugeben und eine bewährte Gesetzgebung
einfach über Bord zu werfen.
Jung und Peter Ries, Professor an der Berliner Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, kritisierten, dass GmbH-Gründungen künftig ohne notarielle Beurkundung möglich seien. "Die kostengünstigsten Lösungen sind selten auch die besten", so Jung.
Für Rechtsanwalt Ulrich Wanner-Laufer steht fest, dass der vorgelegte Gesetzentwurf nur der Einstieg in die Reform des Gesellschaftsrechts insgesamt sein kann.