Insgesamt 53 Parlamentariergruppen (Stand: Mai 2008) und ein Freundeskreis pflegen weltweit die Beziehungen des Bundestages zu den Parlamenten anderer Staaten, darunter auch die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe. Mit den bi- und multilateralen Parlamentariergruppen hat sich ein wichtiges Netzwerk für Demokratie und Verständigung in den internationalen Beziehungen entwickelt.
60 Jahre nach der Staatsgründung sieht Israel in Deutschland seinen zweitwichtigsten Partner nach den Vereinigten Staaten. Die Bundesrepublik ist drittwichtigster Handelspartner. Ein Austausch ist heute zwischen beiden Staaten selbstverständlich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel fliegt jedes Jahr nach Israel und sprach am 18. März 2008 sogar als erste Regierungschefin überhaupt vor der Knesset, deren Satzung eigens für diesen Anlass geändert wurde. Die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe ist - nach der Deutsch-Amerikanischen - mit 111 Mitgliedern sogar die zweitgrößte des Bundestags. Zum ersten Mal tagte sie 1971.
"Wir führen einen offenen
Dialog"
Der Abgeordnete Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit Februar 2006 Vorsitzender der Gruppe. "Der persönliche Kontakt zu den Abgeordneten ist völlig unverkrampft“, sagt er. Man habe Vertrauen zueinander und führe einen offenen Dialog. So sei es etwa kein Problem, die israelische Siedlungspolitik zu kritisieren. "Man trifft auf israelische Kollegen, die diese vehement verteidigen, ebenso wie auf welche, die sie scharf kritisieren.“ In Deutschland sei man sich oft gar nicht bewusst, wie intensiv dieser Diskurs innerhalb Israels geführt werde.
Kritik ist willkommen
Auch der SPD-Abgeordnete Thomas Oppermann, der als stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe regelmäßig nach Israel reist, betont: "Sachliche Kritik wird stets angenommen. Ich habe noch nie die Erfahrung gemacht, dass israelische Partner dies mit Verweis auf die deutsche Vergangenheit abgelehnt hätten.“ Kernpunkt der Gespräche mit den israelischen Kollegen sei vor allem das Existenzrecht Israels in gesicherten Grenzen.
Parlamentarische Vermittler
Die Parlamentariergruppe arbeitet als Bindeglied zwischen den Ländern. Zum Beispiel beim Thema Ghettorentengesetz: Um den überlebenden NS-Ghetto-Arbeitern eine Rente zu ermöglichen, verabschiedete der Bundestag im Jahr 2002 das "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto". Jedoch scheiterten die meisten Auszahlungen an der Bürokratie der Rentenversicherungsträger. Jerzy Montag stand in Kontakt mit Betroffenen, die mehrheitlich in Israel leben und das Gesetz kritisierten. Auch er setzte sich für eine unbürokratische Lösung ein, die schließlich in Form eines Fonds nach dem Vorbild der Zwangsarbeiter-Entschädigung beschlossen wurde.
„Wenn die Berichterstattung der Medien unübersichtlich oder subjektiv eingefärbt ist, hilft es, selbst vor Ort zu sein, um sich ein eigenes Bild machen zu können", sagt Gitta Connemann. Die CDU-Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Parlamentariergruppe tut dies sogar unter Einsatz ihres Lebens. Als im Jahr 2005 der Krieg zwischen Libanon und Israel ausbrach, besuchte sie die nordisraelische Stadt Haifa. Gitta Connemann erlebte den Krieg und musste bei Raketenbeschuss durch die Hisbollah in den Luftschutzbunker fliehen. „Ich habe die wirklichen Kriegsschäden für Israel gesehen“, sagt sie heute.
Der Vorsitzende Montag erklärt, die Aufgaben der Parlamentariergruppe bestünden nicht nur im direkten Kontakt zu Israel: "Wir sind Ansprechpartner überall dort, wo Israelis und Deutsche sich begegnen, in der Wirtschaft und der Wissenschaft, in der deutsch-israelischen Gesellschaft und in vielen jüdischen Gemeinden.“ Jan Korte (DIE LINKE.) fügt hinzu: In der Parlamentariergruppe sei es viel leichter als im parlamentarischen Alltag, parteiübergreifend und vorbehaltlos miteinander ins Gespräch zu kommen. Demnächst sei eine offene Parlamentsdebatte geplant, die den bilateralen Austausch intensivieren soll.
Vor allem der Jugendaustausch, erklären die Mitglieder der Parlamentariergruppe einstimmig, müsse gefördert werden. Das Deutschlandbild der jungen Israelis sei sehr gut, so Oppermann, doch müssten die Beziehungen in jeder Generation neu geknüpft werden.
Für Jerzy Montag war es deshalb einer der größten Erfolge seiner Arbeit in der Parlamentariergruppe, das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) auch auf Israel auszuweiten. Im nächsten Jahr kommen erstmals fünf junge Israelis in den Bundestag und ein deutscher Stipendiat in die Knesset. Und dies, so Montag, sei erst der Anfang.