Kernzeitdebatte über die Existenzsicherung von Kindern
12 Prozent der Kinder unter 15 Jahren galten im Jahre 2005 in Deutschland als arm. Das geht aus dem jüngsten Entwurf des 3. Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung hervor. Wie kann Kinderarmut künftig verhindert werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Donnerstag, dem 5. Juni 2008, auch der Deutsche Bundestag.
Dem Parlament lagen zwei Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vor, die zur Beratung an die Fachausschüsse überwiesen wurden. Zur Abstimmung stand außerdem ein Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.
"Kein Kind zurücklassen - Programm gegen Kinderarmut auf den Weg bringen", fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag ( 16/9028), über den am Donnerstag im Plenum beraten wurde. Bis zum 1. Oktober 2011 soll nach dem Willen der Fraktion ein Rechtsanspruch für die Tagesbetreuung von Kindern vom vollendeten 1. bis zum 3. Lebensjahr gesetzlich verankert werden. Mittelfristig müsse zudem ein Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren festgesetzt werden.
Die Fraktion will darüber hinaus die Regelleistungen als Referenzgröße für Sozialleistungen neu bemessen. Eine unabhängige Kommission mit Vertretern aus der Fachwissenschaft, den Wohlfahrtsverbänden und Vertretern der Sozialhilfe- und Jugendhilfeträger soll eingesetzt werden, um bedarfsgerechte Regelleistungen für Kinder und Jugendliche zu ermitteln, schreiben die Abgeordneten. Sie kritisieren, dass bis heute eine hohe Zahl von Kindern in Lebenslagen aufwachse, die durch Armut bestimmt seien. Es sei ihnen nicht möglich, ihre Kindheit frei und unbeschwert zu verleben.
Auch die FDP möchte mit einem Antrag die Existenz von Kindern sichern und die Familien stärken. Gegenwärtig verfügten rund 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche in 1,4 Millionen Haushalten über ein Einkommen, das weniger als 60 Prozent des Durchschnitteinkommens in Deutschland liege - nach Ansicht der FDP nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Die Bundesregierung solle daher ein Gesamtkonzept vorlegen, wie Kinderarmut gemeinsam mit den Bundesländern und Kommunen entgegengewirkt werden kann und wie man zielgenauer das Wohlergehen der Kinder im Blick behalte, heißt es darin. Außerdem fordert die Fraktion verbindliche Sprachstandserhebungen zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr: Falls dabei erhebliche Mängel festgestellt würden, sollten die Kindern entsprechend gefördert werden.
Die FDP-Fraktion dringt weiterhin darauf, dass die Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebote in den Ländern zügig ausgebaut und die Kindergeld und -freibeträge zum 1. Januar 2009 erhöht werden.
Die Fraktion DIE LINKE. hatte einen Entwurf für ein Unterhaltsvorschussgesetz ( 16/7889) vorgelegt. Ihr Vorschlag, Kindern, die bei ihren Großeltern oder anderen Verwandten aufwachsen, das Recht auf einen Unterhaltsvorschuss einzuräumen, wurde vom Bundestag jedoch abgelehnt. Derzeit erhalten nur Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und von ihrem anderen Elternteil keinen Unterhalt bekommen, Unterhaltsvorschussleistungen.
DIE LINKE. kritisiert diese Regelung: Mit ihr könnten die Fälle nicht erfasst werden, in denen das Kind - zum Beispiel nach dem Tod des sorgeberechtigten Elternteils - bei Verwandten lebt und vom anderen Elternteil keinen Unterhalt erhält. Daher solle der Kreis der Berechtigten auf Kinder, die bei Verwandten bis zum dritten Grad leben und von einem Elternteil keinen Unterhalt erhalten, erweitert werden, fordert die Fraktion.
Dem Entwurf des 3. Armuts- und Reichstumsberichts der Bundesregierung zufolge stieg das Armutsrisiko von Kindern 2005 um einen Prozentpunkt auf 12 Prozent im Vergleich zu 2004. Besonders hoch war das Armutsrisiko für Kinder von Alleinerziehenden. Allerdings reduzierte sich das Risiko der Einkommensarmut bei Kindern durch Sozialtransfers insgesamt von 34 auf 12 Prozent, heißt es weiter.
Der 3. Armuts- und Reichtumsbericht soll am 25. Juni vom Kabinett verabschiedet und danach dem Bundestag vorgelegt werden.