Fachleute informierten den Sportausschuss über neue Entwicklungen
Die Bereitschaft, gesundheitliche Risiken einzugehen, um Leistungssteigerungen zu erreichen, ist bei dopenden Sportlern nach wie vor sehr hoch. Zu dieser Einschätzung kamen mehrere anerkannte deutsche Dopingexperten während einer öffentlichen Sitzung des Sportausschusses am Mittwoch, 18. März 2009. Detlef Thieme, Leiter des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie in Kreischa, sprach von einer „atemberaubenden Risikobereitschaft“ bei der Nutzung von Doping im Sport.
Prof. Dr. Mario Thevis vom Zentrum für
präventive Dopingforschung an der Deutschen Sporthochschule
Köln, sagte, es sei völlig irrelevant, ob Medikamente
medizinische Studien überstehen oder nicht. „Ein
Steroid, das vor 50 Jahren angesichts seiner vielen
ungewünschten Nebenwirkungen noch nicht einmal die erste Phase
der Erprobung überstanden hat, haben wir im Jahr 2008 in einer
Athletenprobe nachgewiesen.“
Von einem „Hase-und-Igel-Spiel“ sprach Prof. Dr. Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln. Seit 2004 die Internationale Anti-Doping-Agentur (Wada) gegründet wurde, versuche man verstärkt neue Dopingnachweisverfahren zu entwickeln. Die meisten Probleme gebe es beim Eigenblutdoping, weil dabei aufwendig die Blutprofile auf Veränderungen untersucht werden müssten.
Auch der Nachweis des Dopings mit Insulin zur Unterstützung
von Wachstumshormonen sei schwierig, weil Insulin ein
körpereigener Stoff sei. Dennoch habe man hier ein neues
Verfahren entwickelt. Um dies jedoch auch
„gerichtsfest“ zu machen, habe es zwei Jahre gedauert,
ehe die Wada das neue Verfahren anerkannt habe.
Es werde zwar viel über Doping geredet, aber zu wenig in neue Nachweisverfahren investiert, kritisierte Perikles Simon vom Institut für Sportmedizin der Universitätsklinik Tübingen. Wenn die Wada jährlich sechs Millionen US-Dollar für die Verbesserung der Nachweisverfahren ausgebe, sei dies zu wenig, um Spitzenforscher für den Anti-Doping-Kampf zu interessieren.
Solange diese „Unverhältnismäßigkeit der
Mittel“ anhalte, werde es möglich sei, dass
„drittklassige Chemiker und Mediziner“ Dopingmittel
entwickeln können, deren Nachweis nicht möglich ist.
Von einer „indirekten Methode“ zur Aufdeckung von Blutmanipulationen berichtete Nicole Prommer, Mitarbeiterin von Prof. Dr. Walter Schmidt am Institut für Sportwissenschaft an der Universität Bayreuth. Dabei gehe es nicht darum, die Substanz, mit der manipuliert wird, selbst nachzuweisen, sondern um den durch die Manipulation erzielten Effekt, der wiederum einen deutlichen Hinweis auf Doping liefere.
Dies geschehe durch die Bestimmung der gesamten
Hämoglobinmenge des Körpers. Da diese im Jahresverlauf
bei einem Ausdauerathleten sehr konstant sei, seien Abweichungen
außerhalb der normalen biologischen Variabilität
Indizien für eine Manipulation, sagte Prommer. Dieses
„Screening“ ergänze in Kombination mit anderen
indirekten Größen effektiv die direkten
Nachweismethoden.