Wirkungen des Asylbewerberleistungsgesetzes im Sozialausschuss erörtert
Das Asylbewerberleistungsgesetz ist nicht dazu geeignet, die Einreise von Asylsuchenden nach Deutschland zu reduzieren - wie ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigt. Diese Ansicht vertrat eine Mehrheit der Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag, dem 4. Mai 2009.
Auf der Tagesordnung stand ein Entwurf
von Bündnis 90/Die Grünen (
16/10837) zur Aufhebung des
Asylbewerberleistungsgesetzes. Nach Meinung der Grünen
führt dieses 1993 in Kraft getretene Gesetz zu einem
„diskriminierenden Ausschluss von Asylsuchenden aus der
Sozialhilfe und der Grundsicherung für
Arbeitssuchende“.
Die Leistungen nach dem Gesetz würden nur zwei Drittel der Leistungen für Sozialhilfeempfänger betragen, außerdem sei die medizinische Versorgung von Asylsuchenden und Geduldeten auf die Behandlung „akuter Schmerzzustände“ beschränkt, schreiben die Abgeordneten in der Begründung für ihren Entwurf.
Mario Junglas vom Kommissariat der deutschen
Bischöfe betont, die Frage nach der Abschreckungswirkung des
Gesetzes sei so schwierig zu beantworten wie die Fluchtgründe
unterschiedlich seien. „Die Menschen kommen nicht mit einem
sozialrechtlichen Kalkül, sondern aufgrund einer
Notsituation“, sagte Junglas. Prof. Dr.
Ulrich Becker, Geschäftsführender
Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und
internationales Sozialrecht, sagte, es gebe keine empirischen
Befunde für die Anreiz-These.
Nele Allenberg vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland wies darauf hin, dass es für Flüchtlinge aufgrund der Drittstaatenregelung ohnehin oft schwierig sei, den Ort frei zu wählen. Eine andere Meinung vertrat dagegen Michael Kleinhans vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Er betonte, dass die Schlepper sehr genau über die jeweilige sozialrechtliche Gesetzeslage in den EU-Staaten informiert seien und diese Informationen dann auch an die Flüchtlinge weitergäben.
Zur Frage der medizinischen Versorgung bemerkte Schwester
Stefanie vom Kommissariat der deutschen Bischöfe:
„Vor allem Kinder leiden sehr unter der eingeschränkten
Versorgung.“ Für die Bundesarbeitsgemeinschaft der
Freien Wohlfahrtspflege verwies Heinz Knoche
darauf, dass aufgrund der Regelungen des
Asylbewerberleistungsgesetzes wichtige medizinisch-therapeutische
Behandlungen oft jahrelang verweigert würden. „Es wird
hingenommen, dass Menschen über viele Jahre an schweren
Krankheiten leiden“, sagte er.
Bezogen auf die Gemeinschaftsunterbringung in Heimen stellte Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin fest: „Es dient nicht der Integration der Flüchtlinge, in eine Gemeinschaftsunterkunft in der Uckermark eingewiesen zu werden.“ Die im Asylbewerberleistungsgesetz geregelte Residenzpflicht, das Verbot einer Ausbildung und der Bezug von Leistungen in Form von Sachmitteln über einen längeren Zeitraum würden die Flüchtlinge krank machen.
Uda Bastians-Osthaus von der Bundesvereinigung der
kommunalen Spitzenverbände betonte dagegen, bei den
Asylsuchenden hätten es die Kommunen mit Menschen zu tun, bei
denen nicht klar ist, wie lange sie sich in Deutschland aufhalten
werden. „Die Gemeinschaftsunterkünfte sind deshalb eine
praktische Notwendigkeit“, sagte Bastians-Osthaus. Ihr
Nachteil sei eine „gewisse Stigmatisierung“, das sei
eine Frage der Abwägung für die Kommunen.
Liste der geladenen Sachverständigen