Experten erörterten im Innenausschuss die Mitnahme von Anwartschaften
Überwiegend auf Zustimmung, aber auch auf Kritik stieß am Mittwoch, dem 13. Mai 2009, zum Auftakt einer Anhörung des Innenausschusses die Forderung, Beamten bei einem freiwilligen Ausscheiden aus dem Dienst den Wegfall der in der Zusatzversorgung erworbenen Leistungen für die Altersversorgung zu ersparen. Als „absolut ungerecht“ bezeichnete Peter Heesen vom Deutschen Beamtenbund die jetzige Regelung, wonach der Dienstherr in solchen Fällen für die abgelaufenen Berufsjahre nur die vollen Kosten für die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung übernimmt.
Aus Sicht Nils Kammradts vom Deutschen Gewerkschaftsbund lässt
sich unter den zur Regelung dieses Problems diskutierten
verschiedenen Konzepten eine „sachgerechte“ Lösung
finden. Ex-Staatssekretär Johann Hahlen plädierte
hingegen für die Beibehaltung des derzeitigen Modells, da die
Möglichkeit einer Mitnahme der Ansprüche aus der
Zusatzversorgung die Abwanderung etwa von IT-Fachkräften aus
dem öffentlichen Dienst noch verstärken werde.
Nach Auffassung von Prof. Dr. Dr. Ulrich Battis stehen einer Sicherung der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung beim Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis keine verfassungs- und beamtenrechtlichen Bedenken im Weg: „Man könnte, wenn man wollte.“ Doch der Innenminister wolle nicht, kritisierte der Professor von der Berliner Humboldt-Universität, weshalb eine „politische Entscheidung des Parlaments“ gefordert sei.
Heesen erklärte, der Wegfall der Zusatzversorgung mache vor
allem das Beamtenverhältnis auf Zeit unattraktiv, angesichts
der sich abzeichnenden Probleme bei der Nachwuchsgewinnung
müsse man jedoch den öffentlichen Dienst attraktiver
machen.
Bernd Niesen (Gewerkschaft Technik und Naturwissenschaft) wies darauf hin, dass beim Staat besonders ein Mangel an Fachkräften aus Ingenieur- und sonstigen technischen Berufen herrsche: Die Lage würde erleichtert, wenn etwa Ingenieure ohne Einbußen bei Altersbezügen zeitweise in der Privatwirtschaft größere Projekte managen könnten.
Sven Hüber (Gewerkschaft der Polizei)
kritisierte, dass die heutige Regelung den Wechsel zwischen Polizei
und privaten Sicherheitsdiensten erschwere, die sich aber immer
enger verzahnten. Gegen den Wegfall der Leistungen aus der
Zusatzversorgung sprach sich auch Ulrich Kirsch
vom Bundeswehrverband aus, diese Frage sei vor allem für
Zeitsoldaten von großer Bedeutung. Man müsse bei dieser
Diskussion die „Attraktivität der
Streitkräfte“ im Auge haben, so der Oberstleutnant.
Nils Kammradt betonte, der erstrebenswerte Ausgleich der Nachteile durch den Wegfall der Zusatzversorgung beim Ausscheiden aus dem Dienst dürfe nicht zu einer Besserstellung gegenüber jenen führen, die im Beamtenverhältnis blieben. Für Prof. Dr. Heinrich Wolff (Frankfurt an der Oder) ist es eine Sache der „Gerechtigkeit“, dass die durch Arbeit erworbenen Anwartschaften in der Zusatzversorgung nicht verfallen.
Der frühere Staatssekretär Johann Hahlen erklärte,
das Beamtenverhältnis sei nun mal auf das gesamte Berufsleben
angelegt. Die Mobilität zwischen Staatsdienst und
Privatwirtschaft werde sich zu einer
„Einbahnstraße“ weg vom öffentlichen Dienst
entwickeln, wenn Ansprüche aus der Zusatzversorgung
mitgenommen werden könnten. "Warum solle man das Abwandern von
besonders begehrten Fachkräften noch zusätzlich
erleichtern?", fragte Hahlen. Er lehnte eine
„Rosinenpickerei“ aus verschiedenen Versorgungssystemen
ab.
Gegen das Prinzip einer bedingungslosen Mitnahme der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung wandte sich auch Flottillenadmiral Joachim Rühle: Ein solches Modell werde die Abwanderung von Fachkräften aus den Streitkräfte in die Privatwirtschaft noch intensivieren, die bereits heute beim häufig zu beobachtenden Wechsel von mit hohem Aufwand ausgebildeten Transportflugzeugführen zu Fluggesellschaften zu beobachten sei.
Solche Thesen konterte Prof. Dr. Reimund Schmidt-De
Caluwe: Kreative Kräfte könne man nicht im
öffentlichen Dienst „einsperren“, indem man im
Falle eines Ausscheidens Sanktionen verhänge.