Bundestag beschloss eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
Die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes ist beschlossene Sache. In seiner Debatte am Mittwoch, 13. Mai 2009, stimmte der Bundestag in namentlicher Abstimmung mit 326 Ja-Stimmen bei 234 Nein-Stimmen einem entsprechenden Gesetzentwurf mehrerer Abgeorndeter zu. Der Bundestag musste sich dabei zwischen zwei konkurrierenden Entwürfen entscheiden. Am Ende setze sich ein Gesetzentwurf durch, der aus den drei Vorlagen der Abgeordnetengruppen um Johannes Singhammer (CSU), Kerstin Griese (SPD) und Ina Lenke (FDP) vom Familienausschuss zu einem zusammengefasst wurde, allerdings ohne Teil über die Erhebungsmerkmale für die Statistik.
Dieser Teil war in zweiter Lesung mit 302 Nein-Stimmen bei 256
Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt worden. Dem übrigen
Gesetzentwurf hatten 329 Abgeordnete zugestimmt, 237 hatten ihn
abgelehnt. Dieses Abstimmungsverfahren hatte der Familienausschuss
in seiner Beschlussempfehlung (
16/12970) vorgeschlagen. Der so veränderte
Gesetzentwurf fand in zweiter Lesung dann 327 Ja-Stimmen bei 234
Nein-Stimmen. Ihm lagen die zunächst drei Gesetzentwürfe
von Abgeordnetengruppen um Johannes Singhammer (
16/11106), Kerstin Griese (
16/11347) und Ina Lenke (
16/11330) zugrunde.
Das Schwangerschaftskonfliktgesetz gewährleistet unter anderem, dass Frauen, die vor der Frage einer Spätabtreibung stehen, das Recht auf eine umfassende Beratung haben. Anlass für die nun beschlossenen Änderungen des Gesetzes ist der Streit um Abtreibungen nach der zwölften Schwangerschaftswoche.
Dabei standen besonders die Schwangerschaftsabbrüche im Fokus,
bei denen vermutet wird, dass sie aufgrund einer möglichen
Behinderung des Kindes vorgenommen werden. Zahlreiche Abgeordnete
sahen in dem Gesetz Nachbesserungsbedarf.
Nähe, Beratung und Zeit
In einer namentlichen Abstimmung entschied sich die Mehrheit der Abgeordneten für die Gesetzentwürfe der Gruppen um den CSU-Abgeordneten Johannes Singhammer ( 16/11106), um die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese ( 16/11347) und um die FDP-Abgeordnete Ina Lenke (16/11330). Der Familienausschuss hatte die Vorlagen in seiner Beschlussempfehlung ( 16/12970) zu einem Gesetzentwurf zusammengefasst.
Werdende Eltern, die aufgrund einer möglichen Behinderung
ihres Kindes vor der Entscheidung stehen, es abzutreiben oder zu
bekommen, bräuchten für eine gute Entscheidung dreierlei,
betonte Ilse Falk (CDU), Unterstützerin des
Singhammer-Entwurfs: „Die Nähe eines vertrauten
Menschen, ärztliche Beratung und Zeit.“
Die Ärzte sind in der Pflicht
Das Recht auf Beratung und eine angemessene Bedenkzeit, so Falk, könne dabei von der Politik geregelt werden. So sieht das nun beschlossene Gesetz eine Beratungspflicht des Arztes vor, wenn das Ungeborene behindert oder bei der Frau aus psychischen Gründen ein Schwangerschaftsabbruch vorgesehen ist. Außerdem werden Ärzte künftig verpflichtet sein, bei der Beratung weitere Ärzte hinzuzuziehen, die auf die Gesundheitsschädigung des Kindes spezialisiert sind.
Ebenso sollen sie auf die Beratung durch psychosoziale
Beratungsstellen hinweisen und die Schwangere mit ihrem
Einverständnis zu solchen Beratungsstellen und
Selbsthilfegruppen vermitteln. Darüber hinaus muss nun von der
Diagnose an und vor der schriftlichen Ausstellung der Indikation
eine dreitägige Mindestbedenkzeit eingehalten werden, es sei
denn, es besteht eine akute Gefahr für Leib und Leben.
Bei einem Pflichtverstoß im Hinblick auf Beratung, Bedenkzeit
oder statistische Meldepflicht soll ein Bußgeld von 5.000
Euro drohen. Mitinitiatorin Kerstin Griese (SPD) betonte, dass man
mit den Neuregelungen nicht die Frauen, sondern die Ärzte in
die Pflicht nehme. Den Schwangeren würden dagegen mehr Rechte
gegeben.
Keine Mehrheit für Humme-Entwurf
Die SPD-Abgeordnete Christel Humme, die gemeinsam mit Irmingard Schewe-Gerigk (Bündnis 90/Die Grünen) und anderen Abgeordneten einen zweiten Gesetzentwurf ( 16/12664) vorlegte, kritisierte an dem Singhammer/Lenke/Griese-Entwurf, dass darin keine Beratungen vor einer vorgeburtlichen Untersuchung vorgesehen seien. Außerdem hielt sie eine Bußgeldregelung für „überflüssig“, da mögliche Vergehen durch Ärzte bereits im Strafgesetzbuch geregelt seien.
Der Humme-Entwurf sah unter anderem statt einer vorgegebenen
dreitägigen eine „ausreichende Bedenkzeit“ vor, da
eine festgeschriebene Bedenkzeit von drei Tagen laut Humme nicht
immer zumutbar sei. So hätten nach ihrem Willen auch in
Härtefällen Ausnahmeregelungen gelten sollen, zum
Beispiel dann, wenn ein Kind nach der Geburt nicht lebensfähig
sei. Weiterhin hätten nach dem Willen der Abgeordnetengruppe
Ärzte auf wohnortnahe Beratungsstellen hinweisen und auf
Wunsch der Schwangeren den Kontakt zu Selbsthilfegruppen und
Behindertenverbänden herstellen sollen.
Zwei Anträge abgestimmt
Auch ein Antrag ( 16/11377) der Gruppe um die Abgeordnete Kirsten Tackmann (Die Linke) wurde mit 501 Nein-Stimmen bei 47 Ja-Stimmen und elf Enthaltungen abgelehnt. Eine Gesetzesänderung sei „überflüssig“, sagte Tackmann. Der Antrag sah lediglich vor, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen im Falle eines Schwangerschaftskonflikts zu stärken.
Ein Antrag von Parlamentariern um die SPD-Abgeordnete Humme (
16/11342) stieß dagegen auf Zustimmung.
Ihn befürworteten 463 Abgeordnete, 62 lehnten ihn ab, 33
enthielten sich. Darin setzen sich Abgeordnete der CDU/CSU, SPD,
von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP für eine
Überarbeitung der Mutterschaftsrichtlinien und des
Mutterpasses ein. Außerdem sieht er eine Verbesserung der
Teilhabe von Menschen mit Behinderungen vor.
Da die Web-TV-Übertragung während der Debatte gestört war, werden die Audio-Dateien im mp3-Format an dieser Stelle bereitgestellt.