Experten äußerten sich in einer öffentlicher Anhörung des Sportausschusses
Sowohl der betroffene Personenkreis als auch die Intensität des Medikamentenmissbrauchs im Freizeit- und Breitensport nimmt weiter zu. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses am Mittwoch, dem 27. Mai 2009, geladenen Experten einig. Sie bedauerten gleichzeitig, dass es derzeit zu wenig belastbare Untersuchungen in diesem Bereich gibt.
Aus Sicht von Mischa Kläber, der an der
Technischen Universität Darmstadt an einer Promotion zum Thema
des Medikamentenmissbrauchs im Freizeit- und Breitensport arbeitet,
wird Doping vielfach immer noch als Problem des Hochleistungssports
gesehen. Die Dopingszene des Freizeit- und Breitensports habe sich
derweil ungebremst entfalten können.
Kläber forderte, dem Problem mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Wichtig sei es für die Forschung dabei, die Freizeitsportler, die sich für ihren Sport dopen, nicht zu verurteilen oder zu diffamieren. „Hauptnachschubstation“ für verbotene Substanzen sind seinen Befragungen nach Fitnessstudios, in denen sich Amateure und Profisportler treffen. Zugleich verwies er darauf, dass bei vielen Freizeitsportlern der Medikamentenmissbrauch unter ärztlicher Beobachtung stattfinde.
Das bestätigte auch Prof. Dr. Dr. Perikles
Simon von der Universität Mainz. Ein Drittel der
Dopingnutzer lasse sich vom Arzt „kontrollieren“, sagte
Simon. Gleichzeitig nehme jedoch der Missbrauch über
Internetnutzung zu. Als am häufigsten verwandte Wirkstoffe
benannte er Methandienon sowie verschiedene Testosteronester. Meist
hänge jedoch der eingesetzte Wirkstoff vom Angebot des
Schwarzmarktes des Verwenders ab.
Eine Nachjustierung des Arzneimittelgesetzes schlug Prof. Dr. Klaus Müller, langjähriger Leiter des Instituts für Dopinganalytik in Kreischa, vor. Zudem müsse die Datenlage im Bereich des Freizeit- und Breitensports verbessert werden. Er kritisierte zudem, dass die Medien den Eindruck vermittelten, Erfolge im Leistungssport ließen sich nur mit Hilfe von Doping erzielen.
Nach Ansicht des ehemaligen Bodybuilders und jetzigen
Anti-Doping-Aktivisten Jörg D. Börjesson
hat Doping den Sport längst verlassen und Fuß in der
Gesellschaft gefasst. Er wisse von dopenden Soldaten, Polizisten
und auch Sportstudenten, die körperlich fit sein müssten
und dabei auf der Suche nach der Lücke zum „gesunden
Medikamentenmissbrauch“ seien. Er halte Vorträge in
Schulen, um jungen Menschen die möglichen Folgen des
Medikamentenmissbrauchs deutlich zu machen.
Solche eventuellen Folgen seien erfolgreichen Bodybuildern egal, sagte der Szenemusiker Sven ("Seyfu") Schulze. „Mister Olympia“ verdiene mit seinen Auftritten viel Geld. „Der sagt sich doch: Immer noch besser, dabei eventuell die Gesundheit zu gefährden als sich auf dem Bau kaputtzumachen“, sagte Schulze. Seiner Meinung nach dürften dopende Freizeitsportler nicht als Versager hingestellt werden, da sie so bei der Aufklärung nicht erreicht werden könnten.
Ein einheitliches Zertifizierungssiegel für die
Freizeitsportbranche mit entsprechender Ausbildung und Ausstattung
der Sportanlagen forderte Ron Ostermann vom
Verband Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen. Zudem solle
über eine abschreckende Kampagne – wie etwa beim Rauchen
– nachgedacht werden.
Liste der geladenen Sachverständigen