Detaillierte Forderungen an die Regierungen der Ostsee-Anrainerstaaten haben die 160 Teilnehmer der 18. Jahrestagung der Ostsee-Parlamentarierkonferenz beschlossen. Am 1. September 2009 nahmen sie unter Vorsitz des Leiters der Bundestagsdelegation, Franz Thönnes (SPD), einstimmig eine entsprechende Resolution an. Für den Abgeordneten aus Schleswig-Holstein haben die Teilnehmer damit bewiesen, dass sie neben dem Ostseerat, der die Regierungen präsentiert, das "wirksame und lebendige Element der parlamentarischen Zusammenarbeit in der Ostseeregion sind".
Die Abgeordneten aus den Ostsee-Anrainerstaaten waren am 31. August und 1. September im dänischen Nyborg auf der Insel Fünen zusammengekommen. Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Arbeit und Soziale Wohlfahrt" hatte Thönnes einen Abschlussbericht zu Fragen der Grenzpendler und zur Jugendarbeitslosigkeit vorgelegt. Nach Schätzungen und wissenschaftlichen Untersuchungen gibt es 70.000 bis 120 .000 Grenzpendler in der Ostseeregion. Um über die vielfältigen sozial-, arbeits-, tarif- und steuerrechtlichen Fragen der Arbeitsaufnahme in einem anderen Ostsee-Anrainerstaat aufzuklären, sollten nach dem Willen der Delegierten weitere Informationszentren für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eingerichtet werden.
Gute Beispiele seien dabei die Informationsbüros in Padborg and der dänisch-deutschen Grenze sowie die Büros von "Øresunddirekt" in Kopenhagen und Malmö. Ebenso sollte es grenzüberschreitende Gremien aller Akteure aus Politik und Wirtschaft einschließlich der Arbeitgebervereinigungen und Gewerkschaften geben. Die Delegierten sprachen sich dafür aus, Hindernisse beim Grenzpendeln abzubauen, da Arbeitskraftmobilität unter sicheren Bedingungen ein wesentlicher Faktor für Produktivität und Wohlstand in der Ostseeregion sein könne.
Die Jugendarbeitslosigkeit in der Region reicht bei den unter 25-Jährigen von 5,1 Prozent auf den Åland-Inseln bis zu 36,1 Prozent in Estland. Deutschland habe mit 10,9 Prozent die drittniedrigste Arbeitslosenrate in dieser Altersgruppe, so Thönnes. Einmütig forderten die Delegierten die Regierungen auf, für eine ausreichende Zahl an Ausbildungs- und Arbeitsplätze für junge Menschen zu sorgen und spätestens nach drei Monaten Arbeitslosigkeit Angebote für Ausbildung, Training und Arbeit durch die Arbeitsbehörden zu unterbreiten, um lange Phasen der Arbeitslosigkeit zu vermeiden.
Unterstützung fand bei dem Treffen die Forderung, eine gemeinsame Energiestrategie aller Ostseeanrainer zu erarbeiten. Ein Bericht der Arbeitsgruppe "Energie- und Klimapolitik" fordert ebenso innovative energiepolitische Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschaftskrise sowie einen Aktionsplan für Kraft-Wärme-Kopplung und Gebäudesanierung. Darüber hinaus wird ein ostseeweites Qualifizierungsprogramm für Fachleute im Energiebereich gefordert.
Im Hinblick auf die geplante Verabschiedung einer EU-Ostseestrategie noch in diesem Halbjahr unterstützte die Bundestagsdelegation, der neben Thönnes auch Ingbert Liebing und Ulrich Adam (beide CDU/CSU) sowie Kurt Bodewig (SPD) angehörten, die Forderung nach einer Einbeziehung der "Politik der Nördlichen Dimension". "Wir brauchen bei diesem Prozess die Länder Norwegen, Island und Russland. Ihre Interessen müssen mit berücksichtigt werden", so Franz Thönnes.
Zur Verbesserung der Schiffssicherheit forderte die Konferenz ein flächendeckendes Seeraumüberwachungssystem für die gesamte Ostsee, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der ungeklärten Seepiraterie-Aktion im Fall des entführten Frachters "Arctic Sea".