Berlin: (hib/VOM) Der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann (CDU/CSU), hat am Mittwochmittag die Bedeutung der Kulturwirtschaft in Deutschland hervorgehoben. Im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sagte Neumann, in der Kulturwirtschaft seien 815.000 Menschen beschäftigt, im Vergleich dazu in der Automobilindustrie nur 620.000. EU-weit weise die Kulturwirtschaft ein Umsatzvolumen von 654 Milliarden Euro im Vergleich zu 271 Milliarden Euro der Autoindustrie auf. Darüber hinaus gebe es in der Kulturwirtschaft deutlich höhere Zuwächse als in anderen Wirtschaftszweigen. Innerhalb der Bundesregierung ist die Kulturwirtschaft nach den Worten Neumanns verschiedenen Ressorts zugeordnet, so dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesfinanzministerium, dem Bundesjustizministerium oder dem Bundessozialministerium. Eine "richtige Koordination" gebe es zurzeit noch nicht, sagte der Staatsminister. Auch gebe es im Bundeswirtschaftsministerium kein eigenes Referat, das sich mit dieser Materie befasst. Neumann hält dies für unbefriedigend: "Wir haben vor, das zu ändern."
So gelte es zu prüfen, ob die aktuellen Förderinstrumente optimal sind, ob für Existenzgründungen und für die Technologieförderung genug getan wird, ob es Bedarf im Hinblick auf die Ausbildung und das Management der Künstler gibt, die häufig kleine Mittelständler seien. Auch was die Existenzsicherung der Gründer angehe, gebe es Nachholbedarf. Unscharf sei ferner, was im Einzelnen genau zur Kulturwirtschaft zählt, etwa das gesamte Verlagswesen, die Printmedien, die Filmwirtschaft, Rundfunk und Fernsehen, aber auch die Museen oder die Designerwirtschaft. Es sei gelungen, im Film inzwischen ein Wirtschaftsgut zu sehen. Für die nächsten drei Jahre sei ein 180-Millionen-Euro-Programm aufgelegt worden, um direkt Zuschüsse an Produzenten in Deutschland zu vergeben. Dies sei zwar eine Subvention, doch diene sie dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft wieder herzustellen.
Neumann sprach im Übrigen auch von einer Stärkung der Musikwirtschaft, um den Export und die Vermarktungschancen deutscher Künstler auf dem Gebiet des Pops und des Jazz zu verbessern. Der Minister nahm zudem Bezug auf die Forderung nach einem regelmäßigen Kulturwirtschaftsbericht der Bundesregierung. Diese Forderung werde in einem Entschließungsantrag erhoben, der in den Koalitionsfraktionen gerade erarbeitet werde. Auch die Länder sollten dabei einbezogen werden. Das Potenzial der Kultur in Deutschland könnte noch mehr für den Tourismus genutzt werden, betonte Neumann weiter. Die Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums sprach von der Kulturwirtschaft als einer der größten Zukunftsbranchen mit dem größten Wachstum überhaupt. Gerade der Design- und Softwarebereich habe immense Zuwachsraten. Bislang sei das Thema vernachlässigt worden, räumte sie ein. Inzwischen sei aber im Ministerium eine Arbeitsgruppe Kulturwirtschaft eingerichtet worden, die analysieren soll, welche Bedeutung die Kulturwirtschaft für den Standort Deutschland hat.
Die Unionsfraktion begrüßte, dass die frühere Praxis abgeschafft worden sei, mit deutschen Steuergeldern Hollywood-Filmproduktionen zu unterstützen. Diese Gelder sollten nun Produktionen in Deutschland zugute kommen. Nach Meinung der SPD muss zwischen Kultur und Wirtschaft ein Austausch stattfinden. Bündnis 90/Die Grünen wiesen darauf hin, dass Schauspieler häufig in prekären Verhältnissen lebten und zwischen den Drehterminen Sozialhilfe bezögen. Die Linksfraktion regte an, dass die Stiftungen der Parteien und die Goethe-Institute den Boden bereiten sollten für den Export von "passablen Werken". Die FDP erinnerte daran, dass beispielsweise Musicals in Deutschland ohne Zuschuss finanziert würden, Operetten jedoch bis zu 90 Prozent bezuschusst würden. Da gelte es nachzusteuern, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Die Umsetzung der Kulturgüterschutz-Konvention der Unesco habe im deutschen Kunsthandel zu vermehrten bürokratischen Pflichten geführt, beklagte die Fraktion.
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