Berlin: (hib/MIK) Die zusätzlichen Kosten für den Bundeshaushalt für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo sind noch nicht abschätzbar. Dies wurde am Mittwochabend im Haushaltsausschuss deutlich. Dort berichtete Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) über die Entschließung des Rates vom 8. Juni in Luxemburg. Danach hat der Rat beschlossen, die laufenden Verhandlungen mit der Industrie über den Konzessionsvertrag zu beenden und bekräftigt, dass Galileo ein Schlüsselprojekt der Europäischen Union sei. Weiterhin hält der Rat an seiner endgültigen Entscheidung fest, das Galileosystem bis Ende 2012 zu errichten. Deshalb soll die EU-Kommission bis September 2007 detaillierte Alternativvorschläge für die Finanzierung auf der Grundlage zusätzlicher eingehender Bewertungen der Kosten, Risiken, Einnahmen und Zeitpläne, einschließlich sämtlicher möglicher Optionen für die Finanzierung durch die öffentliche Hand vorlegen. Darüber hinaus soll die Kommission Konzepte für die darauf folgende Betriebs- und Nutzungsphase von Galileo gegebenenfalls unter Einbeziehung des privaten Sektors erarbeiten. Laut Ratsentscheidung ist beabsichtigt, Anfang Herbst 2007 eine integrierte Entscheidung über die Verwirklichung von Galileo zu treffen, die die Finanzierung durch die öffentliche Hand und die Modalitäten für die öffentliche Auftragsvergabe einschließt.
Tiefensee erklärte, dass die Kosten für das Gesamtsystem derzeit auf insgesamt 3,5 Milliarden Euro geschätzt werden. Diese könnten bei einer Finanzierung durch die öffentliche Hand zum Beispiel durch Umschichtungen von Geldern im EU-Haushalt bis 2012 erbracht werden. Außerdem gebe es die Möglichkeit, mehr Geld einzustellen. Dies treffe aber auf Widerstand von mehreren EU-Mitgliedern. Er selbst favorisiere eine Finanzierung über die europäische Raumfahrtagentur ESA. Dies würde Mehrkosten von rund 450 Millionen Euro verteilt auf vier Jahre bedeuten. Schließlich sei eine Kombination aus diesen Alternativen möglich. Tiefensee unterstrich nochmals die Bedeutung dieses Projekts, das in Konkurrenz zum amerikanischen GPS-System treten soll. Der Markt für Navigationsgeräte werde auf über 150 Milliarden Euro geschätzt; aus diesem "Kuchen müsse sich Europa ein möglichst großes Stück" herausschneiden. "Wir müssen auf diesem Markt bis 2012 präsent sein", sagte der Minister.
Die Sprecher der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD unterstützten Tiefensee. Auch sie hielten das Projekt für sehr wichtig - es solle aber nicht um jeden Preis finanziert werden. Die Union wies darauf hin, dass die deutschen Interessen am weiteren Verfahren berücksichtigt werden müssten. Für die SPD ist es sinnvoll, diese über die ESA voranzubringen. Die Linksfraktion zeigte sich von den "staatsnahen Monopolisten" enttäuscht, die jetzt nicht mehr am Verfahren teilnehmen würden. Sie wies darauf hin, dass die Erfolgsaussichten für das Projekt "bescheiden" seien. Die Notwendigkeit des Projekts könne noch nicht vollkommen nachvollzogen werden. Die FDP-Fraktion forderte, weitere Gespräche mit der Industrie zu führen. "Die Privaten sollen sich nicht aus der Verantwortung stehlen können", so die Liberalen. Auch die FDP betonte, dass das Projekt nicht scheitern dürfe. Bündnis 90/Die Grünen kritisierten, dass durch die Aussage, das Projekte dürfe auf keinen Fall scheitern, nur die Preise in die Höhe getrieben würden.
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