Berlin: (hib/SUK) Für sichtliche Verärgerung des Koalitionspartners hat am Mittwochvormittag die Entscheidung der Unionsfraktion gesorgt, gegen das Votum der SPD gemeinsam mit den Oppositionsfraktionen dem Antrag der Liberalen zuzustimmen, dem früheren Innenstaatssekretär Lutz Diwell eine Einladung zu einer Sitzung des Innenausschusses zu schicken. Diwell hatte im Sommer 2005 die Dienstvorschrift unterzeichnet, auf deren Grundlage der Verfassungsschutz heimliche Online-Durchsuchungen durchgeführt hatte.
Weil Diwell im Frühjahr diesen Jahres in einem Interview behauptet hatte, er habe gar nicht gewusst, dass der Verfassungsschutz seine Verwaltungsanordnung als Grundlage zum Ausspähen privater Computer nutzen werde, fordert die FDP-Fraktion im Innenausschuss bereits seit Monaten, der Staatssekretär, der seit Ende 2005 für Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) tätig ist, solle vor dem Ausschuss Bericht erstatten, wie es damals zu der Dienstanweisung gekommen sei. Dieser Vorstoß wurde bislang nur von den Grünen und der Linksfraktion unterstützt, während sich zu Union "aufgrund der Koalitionsräson" dazu entschied, "zu dem Thema zu schweigen". In der heutigen Sitzung aber betonte die Union, es sei, anders als von der SPD behauptet, sehr wohl von Bedeutung, ob Diwell sich damals über die Auswirkungen der Anweisungen im Klaren gewesen sei. Nach Ansicht der Sozialdemokraten ist die Diskussion um sein subjektives Empfinden allerdings "gehobener Kaffeeklatsch", da "es nicht darauf ankommt, was Diwell damals gedacht haben könnte". Die Entscheidung der Union, dem Antrag der Opposition zuzustimmen, stieß in der Sitzung auf das Unverständnis der SPD.
Die Liberalen bekräftigten ihre Überzeugung, es sei "ein ernster Vorgang", dass Diwell sich bislang geweigert habe, der Einladung des Innenausschusses, der allerdings bislang zunächst pauschal an die Adresse der Regierung gerichtet war, Folge zu leisten und dass auch Ministerin Zypries nicht zulasse, dass er sich vor dem Ausschuss erkläre. "Wenn der Ausschuss sich das gefallen lässt, dann verfehlt er seine Kontrollaufgabe", so die FDP. Es gehe nicht um die Person Lutz Diwell, sondern um die Frage, wie es sein könne, dass in einer Verwaltungsanordnung Maßnahmen erlaubt werden könnten, die zu "tiefen Grundrechtseingriffen" führten. Dieser Ansicht stimmten Linksfraktion und Bündnisgrüne ausdrücklich zu. Die Grünen hielten zwei Szenarien für denkbar: Entweder habe der Verfassungsschutz "rechtswidrig und illegal im eigenen Ermessen" die Verwaltungsanordnung so ausgelegt, dass sie schwere Grundrechtseingriffe erlaube oder Diwell habe sich in seinem Statement damit verteidigt, von dieser Auslegung nichts gewusst zu haben, "obwohl sein damaliger Chef Otto Schily grünes Licht" für die Online-Durchsuchungen gegeben und so versucht habe, das Verfahren "innerhalb rechtlicher Grauzonen" auzuprobieren. Der Vorgang müsse "im Detail aufgeklärt werden", so die Grünen.
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