Berlin: (hib/BES) Deutschland soll nach
Ansicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mehr in Kolumbien investieren.
Die Hilfe für das südamerikanische Land soll dabei in
eine EU-Strategie eingebettet werden, hat eine BMZ-Vertreterin am
Mittwochvormittag im Fachausschuss gesagt. Das Land habe zwar
große Potenziale, aber auch große Schwächen. Seit
Jahren gebe es keine signifikanten positiven Veränderungen.
Besorgniserregend seien nach wie vor die Sicherheitslage und das
Stadt-Land-Gefälle. "Relativ viele Menschen sind recht- und
schutzlos", so die BMZ-Vertreterin. Gute Zusammenarbeit gebe es nur
mit kirchlichen und Nichtregierungsorganisationen - "sonst
wäre die Versorgungslage noch schwieriger". Das Problem der
fehlenden inneren Sicherheit sprach auch eine Vertreterin des
Auswärtigen Amtes an: "Der Binnenkonflikt ist ein alles
überlagerndes Thema in Kolumbien." Die paramilitärischen
Organisationen wie die Guerilla Farc und das "Nationale
Befreiungsheer" (ELN) seien eine Zeitbombe. Sie begingen weiterhin
furchtbare Menschenrechtverletzungen wie terroristische
Anschläge, Entführungen, Vertreibungen und Morde.
Andererseits gebe es inzwischen in Kolumbien mutige,
unabhängige Gerichte. "Die Regierung und die
Sicherheitskräfte sind ein Teil des Problems", meinte die
Linksfraktion, die in einem Antrag (
16/5678) eine Neuausrichtung der deutschen
Kolumbien-Politik forderte. Die Bundesregierung solle demnach auf
internationaler Ebene auf eine Verbesserung der sozialen Situation,
der Demokratie und der Menschenrechte in Kolumbien hinwirken.
Konkret solle Deutschland auf eine Verlängerung des Mandats
der UN-Kommissarin für Menschenrechte "in vollem Umfang"
dringen und von der kolumbianischen Regierung einen Aktionsplan zur
Verbesserung der Menschenrechtssituation verlangen. Deutschland
solle sich des Weiteren für die Entmilitarisierung des
Konflikts in Kolumbien einsetzen und "im Rahmen der EU für
einen wirklichen Friedensprozess" eintreten. Nicht
unterstützenswert ist aus Sicht der Linken der derzeitige
"verfehlte Demobilisierungsprozess" in Kolumbien. Stattdessen solle
sich Berlin für eine "wirkliche und vollständige
Demobilisierung der paramilitärischen Gruppen sowie für
das Recht der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und
Entschädigung" einsetzen. Im Rahmen der bilateralen
Zusammenarbeit verlangt die Fraktion eine konsequente Stärkung
sozialer Rechte und eines Friedensprozesses, der von der
Bevölkerung gestützt wird. Um dies zu erreichen, solle
Deutschland unter anderem auf eine weitreichende Bodenreform
dringen und diese dann unterstützen. Auf Widerspruch
stieß in der Diskussion vor allem die Forderung der Linken,
die Farc von der Liste der terroristischen Organisationen zu
streichen. Dies lehnten alle übrigen Fraktionen ab.
Zunächst müsste die Guerilla-Organisation alle Geiseln
freilassen; man könne nicht den zweiten Schritt vor dem ersten
tun. Aus Sicht der SPD blende der Antrag positive Entwicklungen der
vergangenen Jahre aus. Kolumbien sei ein Land mit verschiedenen
Wirklichkeiten. "In ganz großen Teilen des Landes" gebe es
eine bessere Sicherheitslage als noch vor zehn Jahren. Auch in den
Städten habe sich die Lage "dramatisch verbessert". Diese
Einschätzung bezeichneten die Grünen als
Schönrederei. In der Abstimmung enthielten sie sich der
Stimme. Die Koalitionsfraktionen und die FDP lehnten den Antrag
ab.
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