Berlin: (hib/SKE) Die Menschenrechtssituation in den Ländern der Andengemeinschaft und Venezuela ist unterschiedlich stabil. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 16/11297) auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/9866) feststellt, entspricht die gesetzliche Lage in den meisten Staaten internationalen Standards. Oft mangele es an der praktischen Umsetzung.
Nach Angaben der Regierung gibt es in Bolivien weder politische Gefangene noch Hinweise auf politisch motivierte Tötungen. Auch habe das Land die meisten internationalen Menschenrechtsabkommen ratifiziert und halte sie grundsätzlich ein. Doch aufgrund der gespannten politischen Lage und des Konflikts zwischen sechs nach Unabhängigkeit strebenden "Departamentos" und der Zentralregierung würden Rechtsstaatlichkeit und strikte Beachtung der Menschenrechte in einigen Bereichen aufgeweicht. Das Rechts- und Justizsystem Boliviens habe sich etwas verbessert. Die Prozesse dauerten jedoch oftmals zu lang. Außerdem sei das Verfassungsgericht seit Dezember 2007 nicht mehr "operativ".
Der Zustand des Justizwesens von Ecuador bezeichnet die Bundesregierung als "prekär". Es sei gekennzeichnet von extrem langen Verfahrenszeiten, starker Überlastung der Richter, Korruptionsfällen, undurchsichtigen Regelungen und mangelnder Ausstattung der Gerichte. Die Folgen seien Rechtsunsicherheit bis hin zur Selbstjustiz und eine hohe Unzufriedenheit mit den Diensten der Justiz. Derzeit gebe es über eine Million unerledigter Gerichtsfälle. Generell sei die Menschenrechtssituation in dem Land "relativ gut", wenngleich Defizite vor allem bei Frauen- und Kinderrechten bestünden, so die Regierung.
"Besorgniserregend" sei jedoch die Menschenrechtssituation in Kolumbien. Zwar seien die Gewalttaten in den vergangenen fünf Jahren stetig zurückgegangen. Doch aufgrund des Drogenhandels, der organisierten Kriminalität und der extremen Ungleichheit der Einkommen komme es nach wie vor zu Vertreibungen. Die Banden verübten Morde, Massaker und Geiselnahmen, vergewaltigten Frauen und Kinder, rekrutierten Kindersoldaten und verlegten Landminen. Das kolumbianische Rechts- und Justizsystem sei defizitär. Es mangele an Personal, Geld und Technik sowie an einem adäquaten Opfer- und Zeugenschutz, heißt es in der Antwort.
Das Rechts- und Justizsystem in Peru leide unter teilweise unklaren Normen, langer Verfahrensdauer, erschwertem Zugang auch armer Bevölkerungsschichten und Korruption. Der seit etwa sechs Jahren andauernde Reformprozess komme nur langsam voran. Die Gefängnisse seien, wie in den Nachbarstaaten auch, oft überfüllt und unhygienisch.
Die Menschenrechtssituation Venezuelas sei "insgesamt nicht befriedigend". Zwar enthalte die Verfassung umfangreiche Grundrechte. Doch würden staatliche Sicherheitskräfte, Soldaten und Polizisten für einzelne Fälle von Hinrichtungen, Folter und Verschleppung verantwortlich gemacht. Die Justiz entscheide nicht unabhängig, so dass kein effektiver Rechtsschutz gegen staatliche Eingriffe in Grundrechte bestehe, schreibt die Bundesregierung.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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(ab 01.04.2008 )
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